Süddeutsche Zeitung

Münchner CSU:Die CSU spielt gefährliche Spielchen mit der Sicherheit

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Mit ihren massiven Forderungen führt die CSU Wahlkampf. Doch die Sicherheit darf nicht für populistische Zwecke missbraucht werden.

Kommentar von Heiner Effern

Sicher ist in der Münchner Stadtpolitik derzeit nur eines: Die taktischen Spielchen zur Wahl des Bundestags (2017), des Landtags (2018) und des Stadtrats (2020) haben begonnen. Zum dritten Mal in einem halben Jahr geht die CSU mit massiven Forderungen nach mehr Sicherheit bis hin zu Schusswaffen für städtische Ordnungshüter an die Öffentlichkeit. Die Kriminalitätszahlen geben dazu keinen Anlass, doch seit den Terroranschlägen in Bayern und Berlin sowie dem Amoklauf in München spürt nicht nur die CSU ein beschädigtes Sicherheitsgefühl bei den Menschen.

Auch die AfD nutzt dies und verquickt das kontinuierlich mit den vielen Flüchtlingen im Land. Die CSU will ihr am rechten Rand Paroli bieten, das ist möglicherweise aus ihrer Sicht nachvollziehbar, doch extrem gefährlich. Denn nicht jeder fühlt sich sicherer, wenn er mehr bewaffnete Wachleute auf den Straßen sieht. Es gibt auch so etwas wie eine Spirale der Angst.

Wenn verunsicherte Bürger viel mehr Menschen mit Pistolen auf den Straßen und auch in U-Bahnen, Trambahnen oder Bussen sehen, denken sie womöglich: Da stimmt etwas nicht, da wird es schon einen Grund geben. Sie werden noch ängstlicher, noch empfänglicher für noch massivere Forderungen, für noch mehr Überwachungskameras, für noch mehr bewaffnete Wachleute. Das demokratische Selbstbewusstsein, das angesichts des Terrors wichtiger ist denn je, wird unterhöhlt.

Es ist keineswegs verkehrt, die Sorgen der Bürger gerade auch um ihre Sicherheit ernst zu nehmen. Die Stadt richtet deshalb einen kommunalen Ordnungsdienst ein. Doch in Zeiten der Hetzer in den sozialen Netzwerken und auch auf der politischen Bühne darf die Sicherheit nicht zum populistischen Spielball werden. G

efühlte Sicherheit entsteht nicht durch brachiale Forderungen und durchsichtigen Parteienstreit. Sie entsteht dann, wenn der Bürger spürt, dass die Politiker in der Stadt engagiert, verantwortungsvoll und auch kontrovers diskutieren, aber dabei um sinnvolle Kompromisse ringen. Diesen Nachweis muss die CSU nun erbringen.

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Quelle:
SZ vom 30.03.2017
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