Süddeutsche Zeitung

Oktoberfestersatz:Freibier für Trachtenträger

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An diesem Samstag hätte das Oktoberfest begonnen, stattdessen gibt es heuer eine "Wirtshaus-Wiesn" in der Innenstadt. Wer in Tracht erscheint, bekommt eine Halbe umsonst.

Von Franz Kotteder

Wer am kommenden Samstag in der Innenstadt Einkaufen geht und mindestens 50 Euro im Laden lässt, bekommt einen Gutschein für eine Halbe Bier, ersatzweise Wasser. Allerdings: Er oder sie muss dabei auch noch Tracht tragen, das ist eine ganz wesentliche Bedingung, und allzu spät sollte man auch nicht kommen, denn das Kontingent ist begrenzt.

Für die Aktion haben sich der Einzelhändlerverband City Partner, die Vereinigung der Innenstadtwirte und der Verein Münchener Brauereien zusammen getan, um die am Samstag beginnende "Wirtshaus-Wiesn" zu unterstützten: Die Brauer stiften 7500 Liter an Getränken, die Einzelhändler verteilen 15 000 Gutscheine, und die Innenstadtwirte schenken aus. Insgesamt beteiligen sich mehr als 60 Einzelhandelsgeschäfte und 33 Gaststätten an der Aktion.

Bekanntlich hätte am kommenden Samstag das Oktoberfest beginnen sollen, und bereits am Wochenende wäre die lange Shopping-Nacht in der Innenstadt gewesen. So kam es "zur Zusammenarbeit der drei Branchen", sagte Wolfgang Fischer, Geschäftsführer von City Partner, "als eine Hommage an die Wiesn". Zur Eröffnung der "Wirtshaus-Wiesn", bei der am Samstag Punkt zwölf Uhr in vielen Münchner Wirtshäusern ein Fass angezapft wird, will man ein Zeichen setzen. "Die Münchner sollen ein bissl Wiesngefühl erleben können", so Andreas Steinfatt, Vorstand von Hacker-Pschorr und Paulaner und Vorsitzender des Vereins Münchener Brauereien. Deshalb die Anregung, in Lederhose oder Dirndl in den Geschäften aufzukreuzen, und deshalb auch der Gutschein.

Als Wiesn-Ersatz sei das Ganze keinesfalls zu verstehen, sagte Gregor Lemke vom Augustiner Klosterwirt, der Sprecher der Münchner Innenstadtwirte, bei der Vorstellung der Aktion im Donisl am Marienplatz. "Was wir machen, sind keine Veranstaltungen, auch wenn die Musik spielt, sondern es geht ums gemütliche Beisammensein." Schon bei der allerersten Wiesn 1810 anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Ludwig und Therese, der Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen, habe man auf der Theresienwiese zwar mit einem Pferderennen gefeiert. Anschließend sei man aber in die Innenstadt gezogen, der damalige König Max I. Joseph habe die Bevölkerung dann fünf Tage lang freigehalten.

Fünf Tage gratis essen und trinken - soweit wollten aber weder Innenstadtwirte noch Einzelhändler und Brauereien das Traditionsbewusstsein fortschreiben. Das könnten sie sich vermutlich auch gar nicht leisten. Denn, so Andreas Steinfatt: "Die Innenstadt leidet unter der Pandemie am meisten, weil die Städtetouristen, die Geschäftsreisenden und die Fußballfans fehlen." Und so kam es dann also zum Getränkegutschein für Trachtenträger. Die bekommen für einen Einkauf von 100 Euro gratis eine Wiesn-Mass dazu - das entspricht dann schon fast einem ganz normalen Wiesnbesuch mit der ganzen Familie. Für die Tracht braucht man übrigens kein Echtheitszertifikat vom örtlichen Trachtenverein. Wolfgang Fischer: "Was Tracht ist, liegt im Ermessen des jeweiligen Geschäfts."

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SZ vom 15.09.2020
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