Süddeutsche Zeitung

Auswirkungen der Ukraine-Krise:Grundsicherung gibt's so schnell nicht für alle Geflüchteten

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Die Münchner Behörden haben Mühe, mit dem Bearbeiten der Formalitäten hinterherzukommen. Und auch das notwendige Material wird gerade knapp.

Von Anna Hoben

Vom 1. Juni an haben Geflüchtete aus der Ukraine Anspruch auf die staatliche Grundsicherung. Doch laut Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD) ist jetzt schon absehbar, dass es wohl nicht klappen wird, alle in München gelandeten Kriegsflüchtlinge bis zu diesem Termin in das System zu überführen. Das hat mit der Erteilung von Aufenthaltstiteln zu tun. Warum es da nicht so schnell vorangeht "wie man sich das wünschen würde", erläuterte Franziska Döbrich vom Kreisverwaltungsreferat am Dienstag in einer Videokonferenz des Stadtrats zu den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine.

Bislang habe die Behörde 5000 Aufenthaltstitel erteilt, 9000 stünden noch aus. Hapern könnte es offenbar auch am Material: Die entsprechenden Bescheinigungen könnten nur ausgestellt werden, wenn genügend Druckvorlagen der Bundesdruckerei vorlägen, so Schiwy. Und die würden gerade knapp.

Die Zahl der Ankünfte geht indes weiter zurück. Etwa 200 Menschen pro Tag seien in den vergangenen Tagen im Durchschnitt in München angekommen, sagte Wolfgang Schäuble, Leiter des Ukraine-Krisenstabs. In der Zeltstadt auf dem Messegelände, wo sich mittlerweile das Ankunftszentrum befindet, sind zurzeit etwa 100 Menschen untergebracht, vor einigen Tagen waren es noch 200.

Nach und nach will die Stadt nun die Sporthallen städtischer Berufsschulen wieder freimachen, aus der Halle in der Ruppertstraße etwa sollen die Geflüchteten an diesem Freitag ausziehen. Sie sollen künftig in zwei Leichtbauhallen unterkommen, in der Kronstadter Straße und in der Hansastraße.

Mehr als 4000 Kinder sind aus der Ukraine nach München geflohen

Betrieben werden die beiden neuen Unterkünfte von dem Dienstleister Jonas Better Place. Die sozialpädagogische Betreuung übernimmt die Caritas. Nach der Ruppertstraße sollen dann die Sporthallen am Marsplatz und in der Astrid-Lindgren-Straße geräumt werden.

Auch einige Forderungen an Bund und Freistaat hatte Sozialreferentin Schiwy in ihrem Bericht mitgebracht: Die Umverteilung von Geflüchteten sollte nicht nur bundesweit, sondern auch in Bayern geregelt sein, "damit nicht auf einen Schlag 5000 Menschen vor einem Amt stehen und Leistungen brauchen". Und: Geflüchtete sollten weiterhin in Flüchtlingsunterkünften untergebracht werden können.

Es dürfe keine Verpflichtung entstehen, diese in kommunalen Wohnungslosenunterkünften unterzubringen. "Es wäre uns lieber, die Betroffenen direkt in Wohnungen unterzubringen", so Schiwy - aber das Wohnungslosensystem in München sei bereits jetzt überlastet, zudem gebe es dort kaum Fluktuation wegen des angespannten Mietmarkts.

Für die Bewältigung des personellen Mehrbedarfs schlägt das Sozialreferat dem Stadtrat in der Vollversammlung an diesem Mittwoch vor, einen Personalpool für Akutbedarfe einzurichten und dafür eine Million Euro freizugeben. Der Pool soll aus befristeten Stellen für die Einstellung von Hilfskräften, auch studentischen, und aus Zeitarbeitskräften bestehen. Damit soll die Zeit überbrückt werden, bis gezielte Stellenschaffungen greifen - oder die Situation sich wieder normalisiert.

Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek (SPD) berichtete, die Nachfrage nach Corona-Impfungen sei unter den ukrainischen Geflüchteten nach wie vor sehr gering. Ihre Behörde kläre nun, ob es sinnvoll sei, mobile Teams zu den Unterkünften zu schicken.

Auch mehr als 4000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine leben aktuell in München. Stadtschulrat Florian Kraus (Grüne) berichtete von den Herausforderungen bei der Integration in Kitas und Schulen. Unter anderem sei nun geplant, in einigen städtischen Kitas Tandems aus deutschsprachigem und ukrainischsprachigem Personal einzurichten.

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