Süddeutsche Zeitung

Deutsches Theatermuseum:Tief in der Traumwelt

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Ludwig II. liebte die Bühne und ließ sich mehr als 200 Aufführungen separat zeigen. Das Deutsche Theatermuseum führt in einer Ausstellung vor Augen, wie aufwändig er dieser Leidenschaft nachging.

Von Yvonne Poppek

Es ist faszinierend, wie detailliert das Bühnenbildmodell ist. Angelo II. Quaglio fertigte es um 1879/1880. Der blaue Salon der Marquise de Pompadour ist üppig mit Gold verziert, ganz im Sinne der damaligen Zeit, umrahmte Spiegel und Bilder, ein großes Deckengemälde, hohe Flügeltüren. Möglichst naturalistisch sollte die Kulisse des dritten und fünften Aktes aus Albert Emil Brachvogels "Narziss" sein. König Ludwig II. wünschte das so. Er ließ zu diesen Zwecken die historischen Gegebenheiten recherchieren, ließ seine Bühnenbildner reisen, kannte sich selbst aus. Der ganze Aufwand mündete dann in einer Inszenierung - für Ludwig II. allein.

Dass der bayerische König das Theater liebte, im Speziellen die Opern von Richard Wagner, ist bekannt. Dass er mehr als 200 Schauspiel-, Opern- und Ballettvorstellungen zwischen 1872 und 1885 exklusiv für sich einrichten ließ, ist wahrscheinlich schon weniger geläufig. Das Deutsche Theatermuseum widmet nun die feine Kabinettausstellung "In meiner Vorstellung. Die Welt der exklusiven Aufführungen von König Ludwig II." diesem Thema. Dazu hat Kuratorin Susanne de Ponte viel und üppiges Material gefunden. Den zahlreichen Modellen, Zeichnungen, Fotos, Dokumenten und Erklärungstafeln ist anzusehen, dass eine Ausweitung der Kabinettausstellung zu einer, die das ganze Haus beansprucht, möglich gewesen wäre. Das Theatermuseum hat sich aber für eine andere Setzung entschieden: Es öffnet die Schau, bindet vier Interventionen und Führungen in der Residenz ein und gibt auch der museumspädagogischen Arbeit einen eigenen Raum. Das ist ein Gewinn.

Warum? Blickt man nur auf diese königliche Leidenschaft, ist da ein Theaterliebhaber zu sehen. Weitet man den Blick in Ludwigs Wohnräume - wie in der Residenz - bis zum Cuvilliéstheater, in dem zahlreiche der Aufführungen stattfanden, wird die starke Vermischung von Theaterillusion und Lebensrealität spürbarer. Die Beziehung zur Bühne ging beim Märchenkönig eben weit über Liebhaberei hinaus.

Im Februar 1872 beschloss Ludwig II., sich dem Volk bei Aufführungen nicht mehr zu zeigen. "Ich kann keine Illusion im Theater haben, so lange die Leute mich unausgesetzt anstarren", wird er zitiert. Er wolle lieber schauen, als Schauobjekt sein. Zuerst behalf er sich mit dem Besuch von Generalproben, dann verlangte er, dass exklusive Vorstellungen gegeben wurden, zuerst im Residenztheater, später auch im Nationaltheater. Manche Produktionen existierten bereits, manche ließ er neu einrichten, griff dabei durchaus in die Umsetzung ein. Viele Neuinszenierungen wanderten dann ins öffentliche Repertoire - und wurden zu Publikumsrennern.

Das Theatermuseum gewährt nun über die Exponate - Geschenke an die Schauspieler, Schauspielerporträts, Auszüge aus Tagebüchern, Modelle, Zeichnungen, ein Kostüm - den Einblick, welche Sujets er sich suchte. Immerhin 35 Aufführungen haben Bezug zu Frankreich und der absolutistischen Herrschaft. Es gibt die Sagengestalten und schließlich exotische Elemente. Auch die technische Entwicklung trieb der König voran, um die Illusionswirkung zu erhöhen. Dafür gab er Unsummen aus seinen eigenen Einkünften aus und verschuldete sich. Dass dies unter anderem zu seiner Entmündigung führte, gehört dann wieder zu den bekannteren Kapiteln aus dem Leben von Ludwig II.

In meiner Vorstellung. Die Welt der exklusiven Aufführungen von König Ludwig II., Deutsches Theatermuseum, bis 30. Juli, umfangreiches Begleitprogramm für Erwachsene und Kinder, www.deutschestheatermuseum.de

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