Süddeutsche Zeitung

Landgericht München:Elf Tankstellen in zwei Monaten überfallen

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Ein 26-Jähriger steht wegen einer Serie von Raubzügen vor Gericht. Die Beute von 5500 Euro und ein paar Stangen Zigaretten fiel aus Sicht des Angeklagten am Ende aber eher mickrig aus.

Von Andreas Salch

Auf "Lucky Strike ohne Zusätze" bestand Mario D. fast jedes Mal, wenn er eine Tankstelle ausraubte und die Kassierer mit einer täuschend echt aussehenden Softair-Pistole bedrohte. Natürlich waren es nicht nur die Zigaretten sowie mitunter Whiskey und Wodka, die der 26-Jährige bei seiner Serie von elf Tankstellenüberfällen in München im Januar und Februar dieses Jahres forderte, sondern auch Geld. Insgesamt erbeutete D. rund 5500 Euro.

Eigentlich habe er gedacht, es sei "mehr drin", bekannte er am Montag vor dem Landgericht München I, wo er sich unter anderem wegen schwerer räuberischer Erpressung verantworten muss. Mario D. räumte in einer Erklärung, die seine Verteidigerin Rona Narlioglu verlas, alle Taten ein. Als Motiv für die Überfälle nannte er sein "starkes Bedürfnis nach Rausch". Der 26-Jährige hatte seinen Job bei einem Sicherheitsdienst verloren und benötigte Geld für Drogen und Alkohol sowie ein Projekt seiner Schwester, das er unterstützen wollte.

Zunächst habe er geplant, Drogenkuriere "abzuziehen", also auszurauben. Dann sei ihm jedoch "leider die Idee mit Tankstellen" gekommen. Den Ölkonzernen tue das nicht weh, die sind versichert, habe er sich gedacht. Am 5. Januar 20222, kurz vor 16 Uhr, setzte Mario D. seinen Plan erstmals in die Tat um. Er maskierte sich und überfiel eine Tankstelle an der Kapuzinerstraße. Die Beute betrug 925 Euro. Verletzt wurde bei diesem und den später noch folgenden Raubzügen niemand. Dass die Opfer ein Trauma erleiden könnten, daran habe er nicht gedacht, sagte der 26-Jährige bei seiner Vernehmung durch Richterin Nicole Selzam.

Bis zum 19. Februar folgten zehn weitere Überfälle im ganzen Stadtgebiet. Mario D. fuhr stets mit einem Fahrrad zu den Tankstellen - auch nachdem ihm eines geklaut worden war. Die Tankstelle an der Kapuzinerstraße raubte er sogar zweimal aus. Er habe sich gedacht, die Angestellten dort seien "relaxter", weil sie ja schon einmal überfallen worden seien, erläuterte er der Vertreterin der Staatsanwaltschaft. Bei allen Taten "habe ich versucht, auf die Personen einzugehen". Er habe den Kassierern stets erklärt, warum er sie überfalle. Die Gründe, die er nannte, waren allerdings vorgeschoben. Angeblich war der 26-Jährige bei allen Überfällen angetrunken oder stand unter Einfluss von Betäubungsmitteln. Dennoch: Seine Softair-Pistole machte auf die Opfer Eindruck. Dass er das Magazin der Waffe mit Tesafilm fixiert hatte, weil es ständig herausrutschte, hatten sie nicht bemerkt.

Ziel von D.s letztem Überfall am 19. Februar war eine Tankstelle in der Zehentbauernstraße in Obergiesing. Die Beute: 950 Euro sowie eine Stange "Lucky Strike ohne Zusätze" im Wert von 64 Euro. Just in dem Moment, als der 26-Jährige maskiert vor dem Tankstellenshop stand, fuhr eine Streife der Polizei vorbei und sah ihn. Die Beamten seien allerdings weitergefahren, so D. Der Grund: Die Streife befand sich angeblich im Einsatz. An jenem 19. Februar, einem Samstag, fand die Sicherheitskonferenz in München statt. Zwei Tage darauf wurde Mario D. vorläufig festgenommen.

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