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Gerichtsprozess in München:14 Messerstiche gegen die Ex-Freundin

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Nachdem sich seine Partnerin von ihm getrennt hatte, soll ein 39-Jähriger sie immer wieder beleidigt und bedroht haben - bis er vor ihrer Haustüre mit einem Messer auf sie einstach. Die Frau überlebte vermutlich dank der Hilfe eines Taxifahrers.

Von Andreas Salch

Als sie ins Krankenhaus Dritter Orden gebracht wurde, hing ihr Leben nur noch an einem seidenen Faden. Galina M. (Name geändert) blutete stark, insbesondere aus der linken Halsseite. Kurz vor 19 Uhr am Abend des 14. März vergangenen Jahres, als sie vor der Haustüre ihrer Wohnung in Moosach stand, war Alban H. auf sie zugegangen. Wie es ihr gehe, soll er die 43-Jährige gefragt haben, ehe er unvermittelt mit einem Messer auf sie einstach. "Mindestens" 14 Mal. So steht es in der Anklage der Staatsanwaltschaft am Landgericht München I, wo sich Alban H. jetzt wegen versuchten Mordes verantworten muss.

Angeblich war der 39-Jährige verärgert darüber, dass Galina M. die Beziehung mit ihm nicht fortführen wollte. Zum Auftakt des Verfahrens schwieg H. und machte nicht den Eindruck, als würde ihn das Verfahren vor dem Schwurgericht sonderlich belasten. Mitunter schmunzelte er sogar, etwa als Staatsanwalt Daniel Meindl die Anklage verlas. Alban H. konnte unmittelbar nach der Tat in der Bauberger Straße von der Polizei vorläufig festgenommen werden und sitzt seither in Untersuchungshaft.

Immer wieder soll es in der Beziehung zu Handgreiflichkeiten gekommen sein

Galina M. leidet bis heute an den Folgen der Stichverletzungen. Zudem hat sie eine posttraumatische Belastungsstörung. Das Gericht ersparte ihr deshalb eine Aussage in Gegenwart des Angeklagten. Stattdessen ordnete Richter Norbert Riedmann eine audiovisuelle Vernehmung an.

Im August 2019 habe sie den Angeklagten in einem Park "kennen und lieben gelernt", so M. Sie habe Mitleid mit dem 39-Jährigen gehabt, da er keine "Schlafmöglichkeit" gehabt habe. Galina M. nahm Alban H. bei sich zu Hause auf. Zu diesem Zeitpunkt war sie noch verheiratet, lebte aber getrennt von ihrem Mann - und das in ein und derselben Wohnung. Galina M. und Alban H. gingen eine Beziehung ein, in deren Verlauf soll es angeblich immer wieder zu Streitigkeiten und Handgreiflichkeiten gekommen sein.

Im Mai 2020 beendete Galina M. dann die Beziehung. Alban H. erhielt ein polizeiliches Kontaktverbot, nachdem er der 43-Jährigen mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte. Anfang Juni 2020 folgte ein familiengerichtliches Kontaktverbot, das bis Mitte Dezember 2020 gelten sollte. Grund dafür war, dass H. Galina M. mit dem Tode bedroht haben soll.

Trotz Kontaktverbots suchte H. mehrmals Galina M. auf und bedrohte sie

Ungeachtet des Kontaktverbotes soll er Galina M. jedoch nachgestellt und sie immer wieder beleidigt und bedroht haben. Die Staatsanwaltschaft erließ Haftbefehl gegen H. Er kam in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht setzte den Haftbefehl aber wieder außer Vollzug. Obwohl dem 39-Jährigen weiterhin jegliche Kontaktaufnahme zu Galina M. untersagt war, suchte er sie erneut auf und schlug mit den Fäusten gegen deren Wohnungstüre.

Alban H. kam wieder in Haft. Im März vergangenen Jahres musste er sich vor dem Amtsgericht verantworten. Galina M. sagte aus und berichtete von den Beleidigungen und Bedrohungen. Doch das Gericht hob den Haftbefehl erneut auf und setzte das Verfahren erst einmal aus. Obwohl Alban H. nach wie vor keinen Kontakt zu Galina M. haben durfte, stand er am 11. März 2021, nur einen Tag nach der Verhandlung, völlig betrunken vor ihrer Wohnungstüre und bedrohte sie und ihre Tochter mit dem Tode. Drei Tage später stach er mit dem Messer auf sie ein.

Vermutlich hatte ein Taxifahrer noch Schlimmeres verhindern können. Er hatte die Hilfeschreie von Galina M. an seinem Taxistand gehört, eilte herbei und versetzte Alban H. einen Tritt. Als der Taxifahrer die Polizei alarmierte, stach H. der 43-Jährigen noch zweimal in den Oberbauch und floh. Der Prozess dauert an.

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