Süddeutsche Zeitung

Der Auftritt von "Raketenumschau" beim Sound of Munich Now:Singen, bis die Backen glühen

Lesezeit: 2 min

Wortgewand, sprachbegabt, auch wenn es nicht unbedingt viel Sinn ergibt: "Raketenumschau" ist die südlichste Band der Hamburger Schule, live ein großes Vergnügen - und ein Beweis dafür, wie spannend die Münchner Musikszene aktuell ist.

Von Michael Bremmer

Wenn man genau hinsieht, erkennt man bei Sänger Quirin Schacherl leicht rote Bäckchen. Ist es die Hitze auf der Bühne beim Festival "Sound of Munich Now"? Ist es die Euphorie? Die Freude über die Leichtigkeit der eigenen Musik? Oder welche Band kann sonst schon mit solch einem Charme, mit solch einer Energie über einen Montagabend beim "Family Bowling" singen? Willkommen bei der Raketenumschau .

Viel passiert eigentlich nicht beim Familienbowling, also rein textlich. "Ich liebe, wie du wirfst, und du wirfst so nice", in den roten, ausgeliehenem Schuhen, die ein wenig stinken, aber das ist egal - weil mit einem Strike alle Pins abgeräumt werden. Wortgewand, sprachbegabt, auch wenn es nicht unbedingt viel Sinn ergibt. Aber es macht Spaß: Raketenumschau ist die südlichste Band der Hamburger Schule und wieder einmal ein Beweis dafür, wie spannend die Münchner Musikszene aktuell ist. Gegründet nicht allzu lang vor der Corona-Pandemie, machten die vier Musiker schnell nach Ende des Lockdowns auf sich aufmerksam. Durch ihre energiegeladenen Auftritte, was wiederum dazu führte, dass Münchner Plattenfirmen um sie buhlten. Am Ende unterschrieben sie bei Trikont.

Was das Besondere der Band ist, erkannte man vom ersten Song an auch bei der Show im November im Feierwerk. Wegen der Corona-Pandemie hat "Sound of Munich Now", veranstaltet vom Feierwerk und der Süddeutschen Zeitung, eine Pause eingelegt und sich in ein erfolgreiches Digitalfestival verwandelt. Im Herbst 2023 ist das Live-Festival wiederbelebt worden - genauer gesagt: Die beiden Arten des Festivals wurden miteinander verbunden, denn auf Videos wollten die Veranstalter nicht mehr verzichten. Dank der Unterstützung vom Kulturreferat der Stadt München und dem Jugendkulturwerk ist auch bei der Show im November wieder die Videocrew Ideal Entertainment im Einsatz, mit sechs Kameras werden die Auftritte der 20 Bands gefilmt. Ein Song wird jeweils ausgewählt, bearbeitet, gemastert - alle zwei, drei Wochen wird fortan ein Video ausgespielt.

Die Rückkehr des Festivals "Sound of Munich Now" auf die Bühne war bei den Veranstaltern von Unsicherheit geprägt. Wie würde das Publikum reagieren? Würden, wie vor der Pandemie, wieder Menschen frühzeitig vor dem Feierwerk anstehen, um die Münchner Newcomer-Show nicht zu verpassen? Drei Jahre Pause sind eine lange Zeit, da kann eine Show auch wieder uninteressant sein. Unbegründete Veranstalter-Sorgen, wie sich zeigte.

Schon beim Opener Raketenumschau war die Halle voll. Und das Publikum sofort in Feierstimmung. Ursprünglich nannte die Band ihre Musik "Post-Schlager" - geprägt von der Musik von Hildegard Knef der Siebzigerjahre, was man eben so hörte während der Corona-Pandemie. Später, bei den Konzerten, entwickelte sich die Musik von Raketenumschau weiter. Die Band orientierte sich daran, was Spaß macht, ersetzte das Keyboard durch eine zweite Gitarre: klassischer Indie-Rock mit deutschen Texten, beim Sound of Munich Now mit Einflüssen von Shoegazing, beim Gitarrensolo den Blick immer auf den Boden. Und mit schönen Rückkopplungen zum Abschied.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6516052
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.