Süddeutsche Zeitung

"Hertzflimmern":Münchens erstes Singer-Songwriter-Festival beginnt

Lesezeit: 3 min

Vom 1. bis 5. Februar darf man sich in der Pasinger Fabrik auf Musik vieler verschiedener Genres freuen - von "local heroes" und internationalen Geheimtipps.

Von Oliver Hochkeppel

Ob man sie Barden, Minnesänger oder Liedermacher genannt hat - Singer/Songwriter hat es immer schon gegeben und wird es wohl immer geben, zu stark ist das menschliche Grundbedürfnis, sich in Musik und Gesang auszudrücken. Umso erstaunlicher, dass es das erste Münchner Singer-Songwriter-Festival überhaupt ist, das nun vom 1. bis zum 5. Februar in der Pasinger Fabrik unter dem Titel "Hertzflimmern" stattfindet. Ausgeheckt haben das der dort für Konzerte zuständige Carsten Meyer und der das Kabarett betreuende Florian Hoffmann.

"Als wir während der Pandemie ausschließlich im Park der Ebenhof-Villa spielen konnten, haben wir festgestellt, dass wir eigentlich an ähnlichen Baustellen arbeiten, Carsten halt bei der ,ernsteren', ich bei der ,heiteren' Musik", erzählt Hoffmann. "Da dachten wir uns: Wäre es nicht schön, daraus mal ein Festival zu stricken, das sich nicht an die Genregrenzen hält. Bei Songs passiert das automatisch, oft kann man nicht zwischen komisch und ernsthaft trennen, bei einem Degenhardt zum Beispiel. Im Sommer haben wir also ein Singer-Songwriter-Festival beschlossen - und dann gar keine Zeit gehabt, uns um mehr als den Termin zu kümmern. Im November haben wir dann gesagt, wenn wir es jetzt nicht machen, dann wird es nie mehr was."

Und so haben die beiden in kürzester Zeit ein veritables Fünf-Tage-Festival auf die Beine gestellt, dessen Programm sich sehen lassen kann. "Es gab fast keine Absagen, nur ein Rahmenprogramm haben wir nicht mehr geschafft. Das kommt dann halt im nächsten Jahr", verspricht Hoffmann. Der Einstieg am 1. Februar gehört den "local heroes". Gleich vier von ihnen dürfen beim "Heimspiel" ran.

Als Weltpremiere präsentiert der wortgewaltige Multiinstrumentalist Josef Brustmann - ehedem mit dem Bairisch-Diatonischen Jodelwahnsinn und der Monaco Bagage im Musikkabarett-Fach ebenso bekannt wie seitdem als dichtende, spielende, mimende One-Man-Show - ein All-Star-Trio mit dem Dreiviertelblut-Frontmann Sebastian Horn und max.bab-, Alien Ensemble- oder Balloon Pilot-Bassisten Benjamin Schäfer. Danach darf mit der Klavierkabarettistin Christin Henkel und Indie-Pop-Newcomerin Seda die jüngere Generation ran. Der skurrile fränkische Liedermacher El Mago Masin, Scharfrichterbeil- und Swiss-Comedy-Award-Preisträger, darf schließlich die Münchner Runde sprengen.

An den nächsten Tagen muss man sich dann für die Kleine Bühne (jeweils um 19.30 Uhr) oder die Wagenhalle (jeweils 20 Uhr) entscheiden. So konkurriert am Donnerstag die Leipzigerin Karl die Große alias Wencke Wollny im Duo mit Posaunistin und Multiinstrumentalistin Antonia Hausmann samt ihren klugen, genreübergreifenden Songs mit dem nach einhelligem Kritikerurteil herausragenden österreichischen Liedermacher der Gegenwart: Der Wiener Tausendsassa Ernst Molden lässt ebenfalls im Duo, nämlich mit der grandiosen Schlagzeugerin Maria Petrova, Herzen schmelzen und Köpfe rattern.

Etabliert versus aufstrebend heißt es auch am Freitag. In der Wagenhalle ist Bernd Begemann zu Gast, Mitbegründer der sogenannten Hamburger Schule und diverser Band-, TV- und Blogformate, der hier nur mit seiner Gitarre bewaffnet eine spontane Auswahl aus seinen zahllosen großartigen Liedern präsentieren wird, über die der Kollege Thees Uhlmann ( Tomte) einmal sagte: "Solange dieser Mann singt und auftritt, ist die Welt noch nicht verloren." Auf der Kleinen Bühne geben sich derweilen die "neue Martina Schwarzmann" Sara Brandhuber und die neben ihrem Songwriting vor allem durch ihr virtuoses und variables Gitarrenspiel begeisternde Jule Malischke die Ehre.

Moderiert von der vielfach preisgekrönten Martina Brandl, die dann am Samstag ebendort ihr neues Programm (sinnigerweise mit dem Titel "brand(l)neu") präsentiert: Eine wie gewohnt zwischen Kabarett und Comedy, zwischen Schriftstellerei und Musik, zwischen Blödelei und Gesellschaftskritik changierende Show aus der kongenialen Kunstwerkstatt mit ihrem Partner, dem Pianisten, Komponisten und Arrangeur Martin Rosengarten. Parallel dazu wird nach dem "Heimspiel"-Start mit einem humorvollen "Heimklang" nachgelegt. Die melodische Münchner Mischung mit den Chansonniers Stefan Noelle und Ramon Bessel wird durch das Nordlich David Weber - vor fünf Jahren in Zürich Vizemeister beim deutschsprachigen Poetry Slam - zum Dreiklang ergänzt. Vielleicht der Geheimtipp des Festivals.

Zum Schluss wir das Hertzflimmern dann international. Der Holzbläser und Quadro-Nuevo-Bandleader Mulo Francel führt als vielleicht musikalisch weltläufigster Münchner Musiker durch einen Abend mit dem türkischen Pianisten, Gitarristen und Sänger Sezgin Inceel, dem marokkanischen Sänger und Gembri-Spieler Mohcine Ramdan, den viele von seiner Band Jisr kennen, und Überraschungsgästen aus Syrien und dem Iran. Auf der kleinen Bühne stellt währenddessen das wilde, multistilistische niederbayerische "Gitarrenmädchen", wie sich Karin Rabhansl selbst nennt, ihr neues Album vor.

Die eigentlich am Abschluss-Sonntag auch noch geplante Matinee mit dem neuen Programm der Wellküren fällt leider aus. Die dienstälteste bayerische Girl-Group und weibliches Pendant zu ihren Biermösl-Blosn-Brüdern musste aus gesundheitlichen Gründen die ganze Tour absagen. Alle wünschen sehr, dass der Programmtitel in Erfüllung geht: "Des werd schon wieder".

Hertzflimmern Singer-Songwriter-Festival, Mi. bis So., 1. bis 5. Feb., Pasinger Fabrik, August-Exter-Str., 1, www.pasinger-fabrik.de

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5741874
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.