Süddeutsche Zeitung

Baden in München:Auch Frauen sollen in München oben ohne schwimmen dürfen

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Die grün-rote Stadtregierung macht sich dafür stark, dass künftig alle in den Bädern ohne Oberteil ins Wasser dürfen.

Von Lea Kramer

Nackte Brustwarzen sind in diesem Sommer besonders aufregend. Während die einen dafür kämpfen, den weiblichen Oberkörper zu entsexualisieren, sehen andere in zu viel Haut einen zunehmenden Sittenverfall. Mittlerweile ist die Debatte über das Oben-ohne-Recht für alle auch im Münchner Rathaus angekommen. Die Fraktion von Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt im Stadtrat hat einen Antrag gestellt, um die Schwimmbäder geschlechtergerechter zu machen. Das Bündnis fordert, dass die Bäderverordnung dahingehend geändert wird, dass auch weiblich gelesene Personen mit freiem Oberkörper in den öffentlichen Bädern schwimmen gehen können.

"Bereits im Jahr 2019 hatten wir über das Baden mit freiem Oberkörper überall in der Stadt diskutiert, aber keine Stadtratsmehrheit erhalten", sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Clara Nitsche. Damals hatten mehrere Mitarbeiter eines Sicherheitsdiensts am Isarufer obenrum unbekleidete Frauen angesprochen und sie auf das Nacktbadeverbot außerhalb der FKK-Zonen hingewiesen. Daraufhin hatte der Stadtrat die bis dahin etwas unpräzise Badebekleidungsverordnung konkretisiert. Dort heißt es nun: Die "primären Geschlechtsmerkmale" müssen beim Wasser-, Luft- und Sonnenbaden im Stadtgebiet bedeckt werden - gemeint sind sichtbare Körperteile wie Vulva, Penis oder Hoden.

Diese Regelung gilt aber nur für das Baden an der Isar oder den anderen öffentlichen Badeplätzen, in den Münchner Bädern müssen Frauen weiterhin ein Oberteil tragen, wenn sie ins Wasser wollen. Die Allgemeinen Bedingungen für die Benutzung der Badeanlagen (ABB) der Münchner Bäder schreibt Badegästen weiterhin "geeignete Badebekleidung" zum Schwimmen vor. "Die Entscheidung, ob eine Badebekleidung den Anforderungen entspricht, obliegt dem Personal", heißt es dort.

"Wir denken, es sollte eine einheitliche Regelung geben", sagt Grünen-Politikerin Nitsche. Frauen sollten dasselbe Recht wie Männer haben, sich oberkörperfrei im Bad aufzuhalten und insbesondere auch oberkörperfrei zu schwimmen. Was Männern in den Münchner Bädern erlaubt sei, sollten auch Frauen dürfen. "Gleichberechtigung macht nicht Halt an der Bädergrenze oder an bestimmten Freibadtagen", sagt sie.

Einen "Trans* Inter* Badetag" gab es schon

Dass das Recht auf Oberkörperfreiheit in München je eingeschränkt gewesen sei, hält CSU-Fraktionsvorsitzender Manuel Pretzl für fragwürdig. "Wer sich in München oben ohne hinlegen will, hat das schon immer so machen können und wird das auch in Zukunft können", sagt er. Die ganze Diskussion sei reiner Popanz. "Da waren wir schon immer liberaler, als das, was in der Bäderverordnung steht."

Bei den Stadtwerken München (SWM) ist man sich der Problematik rund um die körperliche Selbstbestimmung der Gäste bewusst, Beschwerden von Kunden hätte es allerdings noch nicht gegeben. "In den Münchner Bädern gilt seit jeher 'leben und leben lassen'", sagt SWM-Sprecher Michael Silva. Über die Jahrzehnte sei das dem Zeitgeist unterworfen gewesen. Während Sonnen und Schwimmen in den Siebzigern vollkommen üblich gewesen sei, sei der gesellschaftliche Umgang mit Nacktheit wieder konservativer geworden. "Wir werden weiterhin mit Fingerspitzengefühl und Münchner Toleranz auf die Bedürfnisse der Badegäste reagieren", sagt Silva. Deshalb solle auch die Badeverordnung überprüft werden.

Für Anhänger der Freikörperkultur gibt es in einigen Bädern, zum Beispiel im Bad Forstenrieder Park, Michaeli-, Cosima- oder Westbad, separate Bereiche oder Liegewiesen - auch außerhalb der FKK-Bereiche darf oben ohne gesonnt werden. Im Ungererbad haben Frauen und Familien darüberhinaus eine eigene textilfreie Zone. Ein FKK-Bereich mit eigenem Schwimmbecken gibt es bislang nur im Dantebad. Und auch für die queere Stadtgesellschaft ist in diesem Jahr ein "Trans* Inter* Badetag" im Müller'schen Volksbad abgehalten worden.

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