Süddeutsche Zeitung

Lieferdienst:Stadt bremst Gorillas in Schwabing aus

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Die Lokalbaukommission untersagt dem Lieferdienst die Einrichtung eines Verteilzentrums in einer ehemaligen Postfiliale. Vor allem die langen Betriebszeiten seien in dem Wohngebiet nicht hinnehmbar, und auch bei der Verkehrssicherheit gebe es Probleme.

Von Ellen Draxel

Die Nachbarn der Angererstraße 7d können aufatmen: Der Lieferdienst Gorillas darf in den Räumlichkeiten der ehemaligen Schwabinger Postfiliale kein weiteres Auslieferungslager eröffnen. Einen entsprechenden Antrag des Unternehmens auf Nutzungsänderung hat die Lokalbaukommission (LBK) jetzt abgelehnt. Hauptgrund für den negativen Bescheid: die langen Betriebszeiten. Das Vorhaben, argumentiert die städtische Genehmigungsbehörde, sei "unzulässig", da es "gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften" verstoße. Zwar befinde sich das Grundstück in einem allgemeinen Wohngebiet, in dem einzelhandelsbezogene Dienstleistungsbetriebe durchaus erlaubt seien. Allerdings nur, sofern sie sich an den gesetzlichen Ladenschlusszeiten orientierten, "zum Schutz der Anwohner und Anwohnerinnen".

Der Lieferdienst Gorillas aber wollte seine Waren bis 23 Uhr von seinen Fahrradkurieren ausliefern lassen, freitags und samstags sogar bis 23.45 Uhr. Das Lager selbst sollte noch länger offen haben, von sechs Uhr morgens bis Mitternacht - eine Überschreitung der Vorgaben um bis zu vier Stunden. Und auch die Anlieferung der zu verkaufenden Lebensmittel mit Lastwagen hätte laut der vorgelegten Betriebsbeschreibung innerhalb der Ruhezeiten stattfinden sollen. Dass Gorillas für die Nutzung der Räumlichkeiten bereits einen Mietvertrag abgeschlossen und investiert hat, ist aus Sicht der LBK kein Argument, Sonderregelungen zuzulassen. "Der Abschluss eines Mietvertrages ohne Innehaben der nötigen bauordnungsrechtlichen Genehmigung", so die Behörde, "stellt keine unbillige Härte dar, da der Tatbestand durch eigenes Handeln herbeigeführt wurde."

Auch ein von der Firma vorgelegtes Lärmgutachten ändert an der Bewertung, die "nachbarliche Interessen" und die "Wahrung gesunder Wohnverhältnisse" in den Mittelpunkt stellt, nichts. Gegen die Nutzung der Räume an der Angererstraße durch den Lieferdienst sprechen aus Behördensicht außerdem Gründe des Brandschutzes und der Verkehrssicherheit. "Die Querung der Gehfläche entlang dem Gebäude durch die hohe Anzahl von ein- und ausfahrenden Fahrrädern führt zu einer Gefährdung der Bewohner und Bewohnerinnen, die zu den Hauseingängen gehen", heißt es in dem Bescheid.

Präzedenz-Charakter für weitere Gorillas-Standorte in München wie etwa an der Lothstraße, wo Anlieger im Schulterschluss mit Lokalpolitikern seit Monaten gegen das Verteilzentrum protestieren, hat die Entscheidung der Lokalbaukommission jedoch nicht. "Wie der Bescheid ausfällt, hängt vom jeweiligen Einzelfall und von den Umständen ab", erklärt Planungsreferat-Sprecher Thorsten Vogel. An der Angererstraße existiere ein rechtsgültiger Bebauungsplan, für die Lothstraße nicht. "Dort gilt Paragraf 34 des Baugesetzbuches, geprüft wird also, ob sich das Vorhaben in die Umgebung einfügt - auch hinsichtlich Lärm und Verkehr". Das Ergebnis steht noch aus.

Bei Gorillas selbst will man den negativen Bescheid für die Angererstraße und mögliche Folgen auf SZ-Anfrage nicht kommentieren. "Wir bitten um Verständnis dafür, dass wir uns zu lokalen Expansionsplänen nicht detailliert äußern", erklärt eine Sprecherin. München sei aber "einer der beliebtesten Standorte" der Firma. Die Nachbarn an der Angererstraße jedenfalls reagieren erleichtert auf die LBK-Entscheidung. Sie empfinde den Bescheid als "Genugtuung", sagt Birgit Juhl, die sich schon vor einem knappen Jahr gegen die Ansiedlung von Gorillas in dem Schwabinger Wohngebiet stark gemacht und an die 300 Unterschriften gesammelt hat. Man könne als Unternehmen "eben kein Objekt anmieten, das nicht zu den Gegebenheiten passt". Ein Lebensmittel-Logistikzentrum mit Lieferdienst auf E-Bikes wie das von Gorillas sei mit der speziellen Verkehrs- und Wohnsituation im Umfeld Angererstraße "nicht vereinbar".

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