Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft:Feinkost-Schlemmermeyer stellt Insolvenzantrag

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Inflation und Personalmangel: Die Delikatessen-Kette, die auf dem Münchner Viktualienmarkt gegründet wurde, ist in finanziellen Schwierigkeiten.

Von René Hofmann

Schon seit gut einem Jahr laufen die Geschäfte der Feinkost-Kette Schlemmermeyer schlecht, jetzt hat die GmbH&Co. KG Insolvenzantrag gestellt. Nun hat der Münchner Rechtsanwalt Michael Jaffé das Sagen, wie dieser am Dienstag mitteilte - er ist der vorläufige Insolvenzverwalter.

Als Grund für den Schritt nennt Jaffé die rasch steigende Inflation, die sich sowohl im Einkauf wie auch im Verkauf ausgewirkt habe. Auf der einen Seite durch steigende Preise, auf der anderen durch eine Kaufzurückhaltung bei den Kunden. Was noch hinzugekommen sei: Probleme, Personal zu finden. Diese gingen so weit, "dass einzelne Filialen wegen Personalmangels zumindest teilweise geschlossen werden mussten", so Jaffé. Das Unternehmen ist nicht das einzige, das mit diesem Problem kämpft; auch der Münchner Traditionsbäcker Hofpfisterei hat angekündigt, wegen Personalmangels Filialen schließen zu müssen.

Schlemmermayer war in den 1970er-Jahren vom Freiburger Peter Krüger gegründet worden. Bei einem Besuch auf dem Münchner Viktualienmarkt kam ihm die Idee, eine Feinkost-Kette mit Wurst-, Schinken- und Käsespezialitäten aufzubauen. Zum Konzept gehörte es, die jeweils besten Sorten einer Region anzubieten. Die erste Filiale entstand auf dem Viktualienmarkt, doch die Firma expandierte schnell. Als die Kette in ganz Deutschland 35 Filialen hatte, verkaufte Krüger sie an eine Investmentgesellschaft mit Sitz in Düsseldorf, die das Filialnetz weiter ausbaute.

Zum Höhepunkt der Firmengeschichte umfasste es 55 Filialen, die aber nicht alle gehalten werden konnten. Im Juni 2019 musste das Unternehmen Insolvenz beantragen. Im November desselben Jahres übernahmen die Düsseldorfer Projektentwickler Jörg Lindner und Kai Richter mit der Investmentgesellschaft 12.18. das Delikatessengeschäft, das damals noch 16 Niederlassungen umfasste.

Nun musste erneut ein Insolvenzantrag gestellt werden. Der Verkauf in den 16 verbliebenen Filialen soll vorerst weitergehen. Die Löhne der rund 130 Mitarbeiter seien bis Ende Juli über das Insolvenzgeld gesichert, teilt Jaffé mit. Während der Corona-Pandemie hatte Schlemmermeyer keine Kurzarbeit angemeldet und auch keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen. Nun soll geprüft werden, welche Filialen und welche Arbeitsplätze erhalten werden können. Die Spannweite ist offenbar enorm. "Einzelne Schlemmermeyer-Filialen sind hoch defizitär, während andere wie zum Beispiel die am Viktualienmarkt in München nachhaltig profitabel arbeiten", so Jaffé.

Zuletzt erzielte das Unternehmen noch einen Umsatz von rund sieben Millionen Euro. Nun wird geprüft, ob es Investoren gibt, die einsteigen wollen - sei es in einzelnen Filialen oder bei einer Komplettübernahme. Der vom Münchner Amtsgericht bestellte vorläufige Insolvenzverwalter gilt als erfahren: Jaffé wurde bei der Insolvenz des Medienkonzerns Kirchmedia tätig. Seit August 2020 wirkt er in gleicher Rolle für die Wirecard AG.

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