Süddeutsche Zeitung

Nachruf auf Roger Fritz:Ein herrlich unbescheidener Lebenskünstler

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München war seine Bühne: Der Fotograf und Filmemacher Roger Fritz ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Seine Karriere war von Zufällen bestimmt - und voller Abenteuer.

Von Christian Mayer

Er kannte sie alle, und sie waren sorgfältig abgelegt im Fotoarchiv seiner Wohnung: all die Künstler, Politiker und Gesellschaftsmenschen, von Romy Schneider und den Beatles über Uschi Obermaier bis hin zu Franz Josef Strauß, Freddy Mercury und Rainer Werner Fassbinder. Roger Fritz konnte, wenn man ihn in Bogenhausen besuchte, im Interview zu jeder Begegnung eine Anekdote erzählen, denn er besaß die Gabe, mit allen auf Augenhöhe zu sprechen - was zur Folge hatte, dass die Prominenten sich ihm auf besondere Weise öffneten, ihn hineinließen in ihr Leben.

Seine Karriere war von Zufällen bestimmt. Der berühmte Fotograf Herbert List nahm ihn einst beim Trampen auf der Autobahn mit nach München und wurde dann sein erster Lehrmeister, später fing Fritz als Fotoreporter beim Kölner Stadtanzeiger an und arbeitete für Zeitschriften wie Twen, Bunte oder Stern. Aber er war kein Mann für langfristige Verpflichtungen, er wollte immer weiter, zum nächsten Job und nächsten Abenteuer.

Weil er sehr gut aussah, wurde er vom Fleck weg als Schauspieler engagiert. Als Assistent des Regisseurs Luchino Visconti lernte er die Reichen und Schönen des europäischen Jet-Sets kennen und drehte als Regisseur selbst Filme wie "Mädchen, Mädchen" (seine erste Frau, die Schauspielerin Helga Anders, erhielt für die Hauptrolle prompt den Bundesfilmpreis). "Ich hatte immer eine gewisse Respektlosigkeit, aber fabelhafte Manieren", sagte Roger Fritz, der herrlich unbescheiden sein konnte, ohne überheblich zu klingen.

Geld verdienen konnte er in den goldenen Zeiten der Printmedien mit glänzend dotierten Aufträgen, den großen Fotostrecken. So blieb er immer dicht dran an den Stars, aber auch an Menschen von der Straße - Roger Fritz fotografierte mal den Hochadel, dann die Frauen von der Reeperbahn.

Seit den späten Achtzigern war er zugleich als Münchner Szene-Gastronom erfolgreich: Das "Pappasitos", das "Mamasita" und das "Visconti" waren bekannt dafür, dass die Gäste dort auf den Tischen tanzten. Reich geworden ist Roger Fritz damit nicht, aber er hatte ohnehin genug Luxus erlebt.

Nun ist der Lebenskünstler im Alter von 85 gestorben, wie seine Frau Margit Friedrich bestätigte. Schlaganfall. Eine Figur wie ihn gibt es kein zweites Mal - München, die Stadt, die seine Bühne war, wird ihn definitiv vermissen.

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