Süddeutsche Zeitung

Konzertevent:Der Rammstein-Plan ist eine gute Idee

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Die weltbekannte Band will in der Silvesternacht auf der Münchner Theresienwiese auftreten. Für die Stadt bietet das viele Chancen.

Kommentar von René Hofmann

Sollte es so kommen, wie es sich die Band Rammstein offenbar wünscht, wird München in diesem Jahr ein ganz besonderes Silvesterfest erleben. Die Metal-Musiker sind berühmt, weil sie auf der Bühne brachial loslegen und dazu exzessiv pyrotechnische Elemente zünden. Direkt gesagt: Sie lassen es wirklich so richtig krachen. Wer die Band kennt, weiß das. Allen anderen sei hier die Dimension des Erfolges erklärt, die Sänger Till Lindemann und seine Begleiter erreicht haben: Als die Gruppe 2019 ihre Single "Deutschland" vorstellte, wurde das Video dazu über das Internetportal YouTube binnen einer Woche mehr als 25 Millionen mal geklickt. Dass vier Bandmitglieder in einer Sequenz mit Galgenstrick um den Hals und in Häftlingskleidung zu sehen waren und so an KZ-Insassen erinnerten, dürfte dabei auch eine Rolle gespielt haben.

Grenzen auszuloten und bisweilen zu überschreiten gehört zum künstlerischen Konzept von "Rammstein" - und wohl auch zum Geschäftsmodell. Die Nicht-Unumstrittenen zum Jahreswechsel auf die Festwiese zu Füßen der Bavaria zu lassen, ist trotzdem ein guter Plan. Das Konzert wird weltweit Beachtung finden und vielen Menschen vor Augen führen, dass es in München nicht nur hoch hergehen kann, wenn dabei Dirndl und Lederhosen ausgeführt werden. Dass Rammstein ausgerechnet die Wiesn anzünden darf, darin liegt eine besondere Symbolik, eine besonders prickelnde. Sollte München Wettbewerber Essen ausstechen, würde das aber auch nach innen wirken. Mit dem Großereignis bekäme das Silvestergeschehen in der Stadt ein neues Epizentrum - eines, das von mehr als 100 000 Metal-Fans geprägt wird, von denen viele aus der Ferne anreisen, und das für eine Tonlage steht, für die München bisher nicht bekannt ist.

Sicher, es gibt auch Einwände. Wie sollen die Verkehrsströme am geschicktesten gelenkt werden? Wie lässt sich die Belastung für die Anwohner eingrenzen? Ist es überhaupt richtig, diese Band den Takt bestimmen zu lassen, in der zum Jahreswechsel das Herz der Stadt schlägt? Die Debatten, die in den nächsten Tagen anheben werden, sind absehbar. Und die Vergangenheit lehrt, dass dabei vor lauter Detailsorgen oft das große Ganze aus dem Blick gerät. Verkehrsströme lassen sich lenken. Lautsprecher lassen sich so ausrichten, dass diejenigen, die sich garantiert nie eine Karte kaufen würden, möglichst wenige Schallwellen abbekommen. Vieles wird sich moderieren lassen, aber etwas Noch-nie-Dagewesenes wird natürlich auch Unvorhersehbares mit sich bringen. Gerade darin liegt der Reiz von Neuem. München täte gut daran, sich in diesem Fall darauf einzulassen.

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