Süddeutsche Zeitung

Streit um Werbefigur:Iglo verliert Prozess um Käpt'n Iglo

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Der Fischstäbchenhersteller verklagte seinen Konkurrenten Appel Feinkost, der mit einer ähnlichen Werbefigur im Seemannslook Werbung macht.

Von Andreas Salch

Der alte Käpt'n Iglo ist bekanntlich schon vor geraumer Zeit in die Fernsehrente verabschiedet worden. Sein Typus - Bilderbuchseemann mit Kapitänsmütze, blauer Uniform, weißem Rauschebart und roten Backen - war nach Maßstäben modernen Marketings offenbar obsolet geworden. Der gemütliche Opa musste von Bord. Der Neue, mit dem das Hamburger Unternehmen seit zwei Jahren wirbt, ist Italiener und heißt Riccardo Acerbi. Mit seinem George-Clooney-Lächeln, sauber getrimmten Bart und einer blauen Schiffermütze sieht er bedeutend fescher aus als der alte Käpt'n, der Lust auf Fischstäbchen machen sollte. So weit so gut. Gäbe es da nicht von Hamburg aus gesehen, weiter elbabwärts, in Cuxhaven, einen Konkurrenten und zwar die Firma Appel Feinkost, mit der Iglo jetzt vor dem Landgericht München I einen Zivilrechtsstreit ausgetragen hat.

Inhaltlich ging es in der Causa um einen Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Iglo warf den Cuxhavenern, die sich auf Fischdauerkonserven spezialisiert haben, vor, ihre Werbung sei irreführend. Denn Appel wirbt ebenfalls mit einem männlichen Protagonisten. Er trägt eine Elblotsenmütze (nicht zu verwechseln mit der Prinz-Heinrich-Mütze!) vor maritimen Hintergrund. Laut Iglo führe die Kombination Fischprodukt plus älterer Herrn plus maritimer Look zu einer Verwechslungsgefahr mit Käpt'n Iglo.

Dass sich die beiden norddeutschen Unternehmen ausgerechnet vor einem bayerischen Gericht gekabbelt haben, ist übrigens nicht weiter ungewöhnlich. Grund dafür ist der sogenannte "fliegende Gerichtsstand" (Paragraf 32, Zivilprozessordnung). Weil Appel seine Produkte bundesweit bewirbt und vertreibt, kann die Klageseite, im vorliegenden Fall Iglo, an jedem Gerichtsort klagen, an dem die Cuxhavener ihre Waren verkaufen. Üblicherweise wählen Kläger-Anwälte ein Gericht aus, das sie für besonders geeignet halten. Tatsächlich genießt das Zivilgericht am Landgericht München I den Ruf eines der führenden Landgerichte Deutschlands für den gewerblichen Rechtsschutz.

Wie das an diesem Donnerstag veröffentlichte Endurteil der auf Unlauteren Wettbewerb spezialisierten 17. Handelskammer zeigt, sind die Richter tief in die Materie eingedrungen, um darzulegen, warum Iglo mit seiner Klage gegen den Werbeauftritt seines Mitkonkurrenten ins Leere greift. Bei der maritim gestalteten Werbung von Appel handle es sich mitnichten um eine irreführende Nachahmung des Werbekonzepts von Iglo. Die Klage der Hamburger erweise sich somit als unbegründet.

Bei der Entscheidung spielten modische Aspekte eine durchaus tragende Rolle. "Entgegen der Auffassung der Klagepartei" würden Verbraucher von Fischprodukten, "zu denen auch die Mitglieder der erkennenden Kammer gehören", heißt es im Urteil, in der Werbefigur der Cuxhavener "keinen Seemann" erkennen. Sondern vielmehr einen "distinguierten, gut situierten Herren in einem eleganten, chicen Dreiteiler mit Seidenschal." Käpt'n Iglo kommt da schon etwas hemdsärmelig daher. So in etwa sahen das die Richter.

Der Käpt'n der Hamburger trägt einen weißen Rollkragenpullover oder ein weißes T-Shirt. Ein eklatanter Unterschied also. Und die Elblotsenmütze, die der distinguierte Herr aus Cuxhaven trägt, mache ihn deshalb noch längst nicht zum Seemann, betonen die Richter. Ebenso könne der Beklagten nicht untersagt werden, mit einem gut aussehenden Mann "im etwas reiferen Alter" und mit grau meliertem Bart zu werben. Denn Werbung mit "Best Agern" sei nun mal angesagt.

Nicht zuletzt sei auch das "maritime Setting" von Appel völlig anders, als bei der Klagepartei. In der Werbung von Iglo sei "der Himmel deutlich blauer und freundlicher gehalten", als der in der Cuxhavener Darstellung. Im Urteil ist an dieser Stelle von "Schlechtwetterhimmel" die Rede. Ob sich die düstern Wolken im Rechtsstreit zwischen Iglo und Appel verziehen, ist ungewiss. Das Urteil ist nämlich noch nicht rechtskräftig.

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