Süddeutsche Zeitung

Polizei München:Seniorinnen legen Betrüger herein

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Dank den beiden Frauen werden zwei falsche Polizisten gefasst, die versucht hatten, den Rentnerinnen mit einem Trick Wertsachen abzunehmen.

Von Martin Bernstein

Falsche Polizisten haben es zunehmend schwer, mit ihrem kriminellen Trick an Geld und Wertsachen älterer Münchner zu kommen - denn jetzt schlagen die Senioren zurück. Dank zweier gewiefter Frauen konnte die Kriminalpolizei am Montagabend gleich zwei lokale Abholer der üblicherweise von türkischen Callcentern aus operierenden Telefonbetrüger-Mafia auf frischer Tat schnappen. Ein 35-Jähriger aus dem Landkreis Freising und ein 31-Jähriger aus dem Alb-Donau-Kreis wurden festgenommen und in die Haftanstalt im Präsidium gebracht.

Die Geschichte, mit der die angeblichen Polizisten am Telefon die alten Münchnerinnen erschreckten, war die übliche: Nach einem Einbruch, so erzählten sie, sei ein Zettel mit dem Namen des Opfers gefunden worden. Um Geld und Wertsachen zu schützen, sollten die Seniorinnen alles zusammenpacken und einem Abholer übergeben. Bei einer 70-Jährigen aus Kleinhadern gerieten die Mafiosi aber an die Falsche. Sie legte die Betrüger ihrerseits aufs Kreuz. Am Telefon spielte sie das ahnungslose Opfer - um gleich anschließend die echte Polizei zu alarmieren. Den Trick, sagte die Frau, kenne sie. Die Beamten legten sich auf die Lauer. Die Frau lotste in mehreren weiteren Telefonaten den Abholer in die Falle. Als der falsche Polizist die Beute - es sollten rund 50 000 Euro sein - in der Nähe der Wohnung seines Opfers einsammeln wollte, klickten die Handschellen.

Fast zur gleichen Zeit widerfuhr das auch einem weiteren Abholer am Hart. Schmuck und Bargeld im Wert von fast 200 000 Euro hatte er bei sich, das er einer 80-Jährigen abgenommen hatte. Doch auch diese Frau hatte sich zuvor an die Polizei gewandt. Allerdings hatte sie zunächst die Lügengeschichte des falschen Polizisten am Telefon geglaubt. Jetzt wollte sie unter der Notrufnummer 110 wissen, wie das mit der Geldübergabe funktioniert. Dort konnten die echten Beamten die Frau überzeugen, dass sie beinahe das Opfer von Betrügern geworden wäre. Als der Abholer mit seiner Beute türmte, geschah das bereits unter den Augen der Polizei. Kurz darauf stoppten die Beamten das Auto des Mannes und nahmen ihn fest.

Im Jahr 2017 waren 3239 derartige Betrugsversuche allein im Bereich des Polizeipräsidiums München bekannt geworden, 2018 waren es 2465. Die Schadenssumme durch falsche Polizeibeamte belief sich in den vergangenen Jahren jeweils auf mehr als vier Millionen Euro allein in München. Bei zwei Großrazzien Anfang Dezember nahmen türkische Sicherheitskräfte knapp 60 Verdächtige fest. Und im Sommer davor hoben sie mit Unterstützung durch zwei Münchner Fahnder erstmals eine Bande in Antalya aus. Eine der bundesweit agierenden Betrügerbanden nahm Anfang April einer 88 Jahre alten Münchnerin Geld und Schmuck im Gesamtwert von rund 200 000 Euro ab. Die Ermittler der "Arbeitsgruppe Phänomene" bei der Münchner Polizei konnten wenig später drei mutmaßliche Mitglieder der Gruppe festnehmen, alle drei türkischstämmig.

Seit vergangener Woche müssen sich fünf Männer und eine Frau im Alter zwischen 22 und 37 Jahren vor dem Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen gewerbsmäßigen Bandenbetrug sowie Amtsanmaßung zur Last. Sie hatten als Abholer für einen kriminellen Callcenter-Betreiber fungiert. Die Beute sollten sie in die Türkei bringen. Die Experten der Kriminalpolizei sehen die Hintermänner in Kreisen der organisierten Kriminalität.

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Quelle:
SZ vom 25.09.2019
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