Süddeutsche Zeitung

Party im Werksviertel:Der "Playboy" wird 50

Lesezeit: 3 min

Die deutsche Ausgabe des Magazins zelebriert ihr Jubiläum im Münchner Werksviertel. Klar geht es dabei ums Ausziehen, aber nicht nur. Über einen Abend zwischen Verzweiflung, Dankbarkeit und Brennpaste.

Von Thomas Becker

Give-aways sind etwas Wunderbares auf Partys, sozusagen eine Win-win-Situation to go. Sämtliche Sponsoren des Abends finden mit kleinen Geschenken Platz in einem Tütchen, und der Gast nimmt die Erinnerung an sie und das Erlebte praktisch mit nach Hause. Nur: Was, wenn außer der Jubiläumsausgabe eines bekannten Männermagazins, einem "Refreshment Towel", Wiesn-Gutscheinen, einer Mundpflege für "Bunny Vibes" und Süßkram auch noch ein Vibrator namens Satisfyer in der Tüte liegt? Dann hat man wohl das falsche Tütchen erwischt. Oder? Man weiß es nicht. Humor haben sie ja, die vom Playboy.

Seit 50 Jahren gibt es ihn auf Deutsch, und dass das Jubelfest im Münchner Werksviertel ausgerechnet in einer Location namens Penthouse stattfindet, das wäre vor ein paar Jahren noch mittelprächtig unverschämt gewesen. Doch Penthouse und alle anderen ernstzunehmenden Mitbewerber des Segments Männer-Lifestyle-Magazin sind längst eingestampft. Nur das Bunny leuchtet noch, und an diesem maximal lauschigen Abend tut er das hier oben im vierten Stock besonders dekorativ.

Als tief im Westen von der Sonne nur noch ein Restrot übrig ist, legt der Chefredakteur mit der Begrüßung der 350 Gäste los: Er habe das "ganz große Glück", in Deutschland, Österreich und der Schweiz "den tollsten Titel der Welt verlegen zu dürfen", schwärmt Florian Boitin. Seit 13 Jahren leitet er die Redaktion und hat gemeinsam mit Myriam Karsch vor zweieinhalb Jahren die einst dem Burda-Verlag gehörende Playboy-Lizenz übernommen. Helmut Markwort, damals Aufsichtsratsvorsitzender, hat der Gastgeber schon vorhin am Eingang mit warmen Worten begrüßt: "Es bedeutet mir wirklich viel, dass Sie hier sind!" Jetzt legt er nach: "Ohne Sie hätte ich nie die Chance gehabt, Chefredakteur zu werden."

Heute kann man sich weder den Playboy ohne Boitin, noch Boitin in einem anderen Job vorstellen. Aus dem Heer der schönen Frauen bittet er später zwei besondere auf die Bühne: Vanessa Teske, Playmate des Jahres 2022, und Gitta Saxx, die als "Playmate des Jahrhunderts" durchs Leben geht. 1989 war sie erstmals zum Playmate des Jahres gewählt worden, saß für das Shooting zum ersten Mal in einem Flugzeug, Richtung Malediven. Sie sei "so stolz, ein Teil dieser Marke, dieser Familie zu sein", und fühle sich mittlerweile wie "die Mama der Playmates".

Miriam Höller wartet mit einem anderen Alleinstellungsmerkmal auf: Sie ist das bislang einzige Cover-Girl, das brannte. 2010 sagte die Stuntfrau zu Boitin: "Ich ziehe mich aus, aber nur auf meine Art und Weise." Sprach's, ließ sich mit Brennpaste einreiben und posierte als Feuerball. "Vier, fünf Mal haben sie mich einreiben müssen", erzählt sie, "nach 50 Sekunden wird das doch zu heiß unter der Paste." Nach einem schweren Unfall musste sie die Stuntkarriere beenden, verlor kurz danach auch noch ihren Partner durch einen Autounfall und hält heute Vorträge über Resilienz: "Ich helfe Menschen, mit Verzweiflung umzugehen."

Verzweifeln muss an diesem Abend niemand. Wobei: Comedian Michi Mittermeier hat schon mal fulminantere Resonanz für seine Gags kassiert. Dafür wurde er in einer Limousine mit der Aufschrift "50 Jahre Playboy" zur Arbeit chauffiert. Nahezu jeder Passant habe ein Grinsen im Gesicht gehabt, erzählt er, dann aber doch enttäuscht geschaut, als klar war, dass da bloß der Mittermeier und kein Bunny drin sitzt.

Und die Gäste so? Bevor sich die Feiermeute später fröhlich mischt, steht man zunächst in Job-Grüppchen beisammen: Francis Fulton-Smith im sehr glitzernden Pailletten-Jackett mit Uschi-Obermaier-Darstellerin Natalia Avelon, Fußball-Lehrer Manuel Baum mit Fußball-Erklärer Uli Köhler, der sich wahrscheinlich auch ärgert, dass Giovane Elber und Marcel Reif schon wieder weg sind. Johnny Depp, der an diesem Abend auf Tollwood spielt, ließ höflich absagen. Aber dafür ist Reiner "Calli" Calmund noch da, der ja mit allen kann und einer Kellnerin einfach mal einen Fuffi Trinkgeld aufs Tablett legt.

Um zehn Uhr öffnet einen Stock höher das Tattoo-Studio. Außer dem Bunny kann man sich ein Herz, eine Chilischote, zwei Brüste oder "why not" stechen lassen, für lau - die Schlange ist länger als vor jeder Corona-Teststation, und das stundenlang. Auch der Foto-Automat im Playroom ist gefragt. Wann sonst kann man sich auch schon mal selbst aufs Playboy-Cover shooten? Je mehr Gin-Tonic fließt, desto witziger, mutiger werden die Aufnahmen. Wie das wohl kurz vor Sperrstunde aussah? Da ist die Presse schon längst hinauskomplimentiert worden. Aus gut unterrichteten Kreisen war immerhin zu erfahren, dass die Letzten bis Sonnenaufgang durchgehalten haben. Wie hatte Florian Boitin prophezeit: "Euer Hotelzimmer werdet ihr heute nicht brauchen."

Und das mit dem Satisfyer klären wir dann beim nächsten Jubiläum.

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