Süddeutsche Zeitung

Kritik an höheren Parkgebühren:"Das ist reine Abzockerei, und das lehnen wir ab"

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Opposition und Handwerkskammern wehren sich gegen die geplante Anhebung. Dabei sind die Kosten fürs Parken in München gar nicht so hoch, wie ein Blick in andere Städte zeigt.

Von Andreas Schubert

Die geplante Erhöhung der Parkgebühren im Stadtgebiet stößt auf deutliche Kritik. Die grün-rote Rathausmehrheit will die Parkausweise für Handwerker von 265 auf 720 Euro pro Jahr erhöhen, die für Freiberufler und gewerbliche Anlieger von 120 auf 720 Euro. Die Parkscheine in den Lizenzgebieten sollen mit 1,90 Euro pro Stunde fast doppelt so teuer werden wie bisher. So sieht es eine Vorlage des Kreisverwaltungsreferats vor, das mit Mehreinnahmen von 14,5 Millionen Euro jährlich rechnet.

Doch aus Sicht der Handwerkskammer für München und Oberbayern ist das kein Weg, um die Platzprobleme im öffentlichen Raum zu lösen. "Unter dem Deckmantel von Umwelt- und Klimaschutz wird auf Kosten der Handwerkerinnen und Handwerker eine ideologisch geprägte und zunehmend wirtschaftsfeindliche Politik betrieben", kritisiert Kammerpräsident Franz Xaver Peteranderl. Die Entscheidungen der Stadtspitze erschwerten es den Betrieben zunehmend, ihrer Tätigkeit nachzugehen.

Dabei hat die Handwerkskammer nicht grundsätzlich etwas gegen höhere Parkgebühren. Für Privatleute solle das Parken deutlich teurer werden, Autos sollten vor allem in "bereits vorhandenen und noch zu bauenden Parkhäusern" geparkt und die Anwohnerstellplätze auf den Straßen reduziert werden. So schaffe man wieder mehr Platz für "Radwege, Lieferverkehr, Handwerker oder Mobilitätseingeschränkte".

Dabei können sich die Handelskammern höhere Gebühren durchaus vorstellen

Auch die Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern fordert ein maßvolleres Vorgehen. Tina Emslander, für Mobilität zuständige Bereichsleiterin, sieht in höheren Parkgebühren durchaus ein Instrument, um mehr Effizienz im Straßenverkehr zu erreichen. "Die Maßnahmen müssen aber logisch aufeinander aufbauen und zur besseren Planbarkeit für Unternehmen die Gebühren stufenweise angehoben werden", so Emslander. Und: Wenn die Gebühren schon stiegen, müsse die Stadt auch mehr Flächen für Lade- und Lieferzonen schaffen.

Die Opposition im Rathaus ist ebenfalls wenig begeistert. Handwerker und Gewerbetreibende müssten vor Ort parken, um ihrer Arbeit bei den Kunden nachkommen zu können, sagt CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. Die Maßnahme habe keinerlei Lenkungswirkung, sondern wirke wie ein "nicht durchdachter Schnellschuss". Der finanzielle Nutzen sei für die Stadt zudem "sehr überschaubar", so Pretzl. Sinnvoller und nachhaltiger sei es, die Parkgebühren anhand des Schadstoffausstoßes zu diskutieren.

Bei der FDP ist man überzeugt, dass die Betriebe ihre steigenden Kosten auf die Verbraucher umlegen werden, worunter vor allem einkommensschwache Haushalte leiden werden. Fraktionschef Jörg Hoffmann erklärt, man sei nicht grundsätzlich gegen eine moderate Erhöhung der Parkgebühren. "Diese muss aber auch für Anwohner gelten und sollte nicht mehr als 50 Prozent auf einmal betragen." Um 500 Prozent erhöhte Gebühren für Handwerker seien wirtschaftsfeindlich und hätten nichts mit der Verkehrswende zu tun. "Das ist reine Abzockerei, und das lehnen wir ab."

In London sind bis zu 600 Euro pro Jahr fällig, in Stockholm gar mehr als 1200 Euro

Das Problem, das die Stadt aktuell mit den Anwohnerparkausweisen hat: Bislang erlaubt es der Freistaat Kommunen nicht, die aktuell bei 30,70 Euro pro Jahr gedeckelten Gebühren zu erhöhen, eine Parklizenz kostet in München bislang 30 Euro jährlich. Berlin, wo aktuell 10,20 Euro pro Jahr fällig werden, will die Gebühren dieses Jahr auf 120 Euro erhöhen, in Hamburg sind sie nun von 45 auf 65 Euro gestiegen. Das ist immer noch nicht viel, wenn man es mit Städten wie London vergleicht, wo eine gestaffelte Gebühr gilt und für große Dieselautos fast 600 Euro fällig werden. In Stockholm kostet die teuerste Parklizenz gar nach derzeitigem Kurs 1284 Euro.

Das Mobilitätsreferat hat bisher noch nicht bekanntgegeben, wie teuer es die Anwohnerausweise gerne hätte und ob sie wie in anderen Städten gestaffelt sein könnten. Auch die grün-rote Stadtregierung will noch keine Summen nennen. "Eine Staffelung der Parkgebühren nach Emissionen und/oder Fahrzeuggröße fänden wir durchaus sinnvoll", sagt SPD-Verkehrsexperte Nikolaus Gradl. "Bevor wir darüber aber stichhaltig diskutieren können, muss der Freistaat endlich die Rechtsgrundlage schaffen." Auch Gudrun Lux (Grüne) hält ökologische Kriterien für sinnvoll, "um einen Anreiz dafür zu setzen, dass Autos weniger Platz verstellen, weniger CO₂ ausstoßen und weniger gefährlich sind".

Bei Autofahrern, die ohne Anwohnerausweis in Lizenzgebieten parken, kann die Stadt immerhin etwas mehr kassieren. Ein Parkschein soll statt einem Euro künftig 1,90 Euro pro Stunde kosten, die Tagesgebühr soll von sechs auf elf Euro steigen. E-Autos parken weiterhin zwei Stunden gratis.

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