Süddeutsche Zeitung

Museumsbesuch:Analog in der Warteschlange

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Wer in München ein Museum besuchen will, muss meist persönlich an die Kasse - online reservieren oder kaufen? Das geht nur vereinzelt. Auch das gemeinsame Ticket für alle städtischen und staatlichen Häuser im Kunstareal ist noch lange nicht in Sicht.

Von Evelyn Vogel

Manche Besucherschlangen sind legendär. Die vor dem Pariser Louvre beispielsweise, oder die vor der Petersburger Eremitage und die vor den Florentiner Uffizien. Wer während eines Wochenendtrips dort einen Museumsbesuch plant, tut gut daran, vorab online Tickets zu kaufen - und sich an die Einlasszeiten zu halten. Auch wenn irgendwo große Sonderschauen angekündigt sind, die das Zeug zum Blockbuster haben, wie "Das MoMA in Berlin" vor einigen Jahren oder die große Bruegel-Schau im Kunsthistorischen Museum in Wien im vergangenen Winter, ziehen sich Besucherschlangen rund um Museen und Ausstellungshallen.

Aber auch in der eigenen Stadt legen immer mehr Museumsbesucher Wert darauf, sich vorab im Internet eine Eintrittskarte oder wenigstens eine Reservierung zu besorgen. In München muss man sich allerdings meist an der Kasse anstellen, um eine Karte zu erwerben. Bei Dauerausstellungen und in ständigen Sammlungen gibt es kaum Wartezeiten. Anders ist es bei Sonderausstellungen. Bei der Florentiner-Schau in der Alten Pinakothek im vergangenen Winter kam es oft zu Warteschlangen an den Kassen. Auch bei Führungen, die zahlreicher und beim Publikum immer beliebter werden, kann man in den meisten Häusern kein Ticket vorab kaufen oder reservieren, obwohl die Plätze auf 25 Teilnehmer begrenzt sind. Das alles verärgert viele Besucher.

Ausnahmen beim Online-Ticketing sind das Deutsche Museum, die Kunsthalle und das Lenbachhaus. Das Deutsche Museum bietet online reguläre wie ermäßigte Tickets an, die per E-Mail zugestellt werden. Die Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung hat seit 2013 ein eigenes Ticketsystem. Alle regulären Eintrittskarten für die Ausstellung sowie Führungen und Sonderveranstaltungen können online gekauft und zu Hause ausgedruckt oder aufs Handy geladen werden. Damit geht's direkt in die Ausstellung. Allerdings funktioniert das nicht bei ermäßigten Tickets, dafür müssen sich etwa Kinder, Schüler oder Senioren weiterhin an der Kasse anstellen.

Entscheidend dafür, wie der Ticketverkauf organisiert wird, ist häufig die Gesellschafterstruktur, also die Frage, wer das Museum trägt und das Sagen hat. Hier gibt es unterschiedliche Konstruktionen. Das Deutsche Museum wird vom Freistaat und dem Bund getragen. Leichter sind Abstimmungen in der Regel in Häusern, die in einer Hand sind, wie das Lenbachhaus. Dieses ist ein rein städtisches Haus - und als solches das Pilotprojekt in Sachen Online-Ticketing. Das System, das es dort möglich macht, alle regulären sowie ermäßigten Eintrittskarten für Ausstellungen, Führungen und Workshops online zu bestellen, wurde gemeinsam mit München Ticket erarbeitet.

Bei Sonderausstellungen (wie derzeit "Lebensmenschen" im Kunstbau) gibt das Zeitticket ein Einlassfenster von 30 Minuten vor. Die Aufenthaltsdauer ist jedoch unbegrenzt. Für andere städtische Museen wie Stadtmuseum und Villa Stuck ist ein ähnliches Ticketsystem "grundsätzlich in Arbeit" und "orientiert an Angebot und Bedarf geplant", wie es aus dem Kulturreferat heißt. Beim NS-Dokumentationszentrum ist der Eintritt aktuell für alle Besucher frei. Ob die derzeit bis April 2020 begrenzt Aktion verlängert wird, darüber soll im Stadtrat demnächst beraten werden. Auch, ob man den Eintritt für das Jüdische Museum dauerhaft kostenlos anbietet. Wer eine München Card und oder einen City Pass von München Tourismus hat, erhält vergünstigte oder kostenlose Eintrittskarten in alle städtischen und staatlichen Museen. Diese muss man jedoch an den Kassen abholen. Was übrigens auch Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren tun müssen, die in vielen Museen keinen Eintritt zahlen.

Am wenigsten Komfort gibt es bei den Museen des Freistaats. "Derzeit bieten die staatlichen Museen und Sammlungen des Kunstbereichs noch keine Möglichkeit zum Selbstausdruck von Tickets an", wie das Kunstministerium auf Anfrage bestätigt. Beim Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg kann man Tickets online bestellen, sie werden dann zugesandt. Das Gleiche gilt für die Jahreskarten der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.

Ein begrenztes Online-Angebot gibt es im Ägyptischen Museum für Gruppen, und für Veranstaltungen kann man per E-Mail Eintrittskarten reservieren.

Kunstminister Bernd Sibler betont, dass es ihm ein Anliegen sei, den Zugang zu Kultureinrichtungen "so besucherfreundlich wie möglich auszurichten", dazu gehöre auch der Verkauf von Online-Tickets in den Museen. Vergangenen August habe er die staatlichen Museen und Sammlungen dazu aufgefordert, Umsetzungsmöglichkeiten für die Einführung solcher Tickets zu prüfen. Doch Angaben zu einem zeitlichen Ablauf und möglichen Kosten könne man derzeit nicht machen. Das gemeinsame Ticket für alle städtischen und staatlichen Häuser im Kunstareal, von dem schon seit Jahren gesprochen wird, ist noch lange nicht in Sicht.

Bernhard Maaz von den Bayerischen Gemäldesammlungen kommentiert das Thema Online-Ticketing lakonisch: "Auch ich hoffe auf ein baldiges Ermöglichen dieser Verkaufsstrategie." Vielleicht können ihm seine ehemaligen Kollegen in Berlin und Dresden Tipps geben. Denn die Staatlichen Museen Berlin und die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden machen längst vor, wie Online-Ticketing auch für mehrere Museen funktioniert.

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Quelle:
SZ vom 09.11.2019
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