Süddeutsche Zeitung

Wohnen in München:Zu reich für Mieterschutz

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Die Erhaltungssatzung für den Gärtnerplatz und das Glockenbachviertel läuft aus. Lokalpolitiker appellieren an die Stadt, die Regelung zu verlängern - wie auf der Schwanthalerhöhe.

Von Julian Raff

Erhaltungssatzungen stehen zunehmend in der Kritik, seit ein Gerichtsurteil die darin enthaltenen städtischen Vorkaufsrechte ausgehöhlt hat und zugleich immer größere Teile der Stadt als gentrifiziert gelten. Dennoch wehren sich die Bezirksausschüsse (BA) im Stadtzentrum dagegen, die Satzung für Gärtnerplatz- und Glockenbachviertel aufzugeben. Der Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt appelliert einstimmig an die Stadt, die Regelung über den Mai 2022 hinaus zu verlängern.

Ohne entsprechenden Beschluss würde das Regelwerk dann nach einjähriger Verlängerungsfrist auslaufen, nachdem das Planungsreferat die übliche fünfjährige Verlängerung wegen rechtlicher Bedenken verweigert hat. Die Bewohner-Klientel im Viertel, so die Begründung vom Frühjahr, verfüge bereits über ein im Stadtvergleich überdurchschnittliches Einkommen, außerdem lebten dort weniger Kinder, Jugendliche, Senioren und ausländische Mitbürger als anderswo in der Stadt, was aus Behördensicht ebenfalls gegen verstärkten Milieuschutz spricht. Bereits die jüngste Verlängerung im Jahr 2016 wurde offenbar erst möglich, nachdem der Block um den umstrittenen Luxus-Wohnturm "The Seven" aus dem Geltungsbereich der Satzung herausgenommen worden war. Näheres soll nun ein Rechtsgutachten klären. Bis dieses vorliegt, kann die Geltung wohl nur im Jahrestakt verlängert werden.

Die Lokalpolitiker wollen nun mit ihrem Appell verhindern, dass die Satzung ausläuft und erlischt. Außerdem sollte sie möglichst ausgeweitet werden, räumlich und auch inhaltlich, indem neben Mietern auch das Kleingewerbe geschützt wird. Breite Unterstützung kommt aus dem Nachbar-BA Altstadt-Lehel, wo zwischen Müller- und Blumenstraße ein kleiner Teil des Satzungsgebietes liegt.

Im Altstadt-Gremium stimmte nur FDP-Vertreterin Stefanie Wagner-Schroiff gegen den Antrag, wie sie sagte, nach Absprache mit der liberalen Stadtratsfraktion, wo nach schlechten Erfahrungen mit dem Kauf eines maroden Wohnhauses an der Buttermelcherstraße grundsätzliche Zweifel am Instrument des Vorkaufsrechts bestehen.

Auf der Schwanthalerhöhe soll der Schutz um fünf Jahre verlängert werden

Regulär um fünf Jahre verlängert werden soll im kommenden Frühjahr die Erhaltungssatzung Ludwigsvorstadt-Schwanthalerhöhe, was beide betroffenen Bezirksausschüsse per Beschluss sichergestellt sehen wollen. Der Ludwigsvorstädter BA, auf dessen Areal der kleinere Teil des zu schützenden Gebiets liegt, weist in seinem Beschlusstext auf anhaltende Probleme mit Zweitwohnungen und kurzfristiger Vermietung an Medizin- und sonstige Touristen im bahnhofsnahen Gebiet zwischen Paul-Heyse-Straße und Paulskirche hin.

Medizintouristen quartieren sich im Bezirk Schwanthalerhöhe laut der dortigen BA-Vorsitzenden Sibylle Stöhr (Grüne) noch nicht verstärkt ein, als Touristenlogis über Airbnb und ähnliche Plattformen würden aber auch dort immer mehr Wohnungen zweckentfremdet. Auch der BA Schwanthalerhöhe dringt daher auf Verlängerung der Satzung, wobei hier FDP-Vertreter Bastian Brand ebenfalls gegen den Antrag stimmte. Beide Bezirksausschüsse setzen sich dafür ein, den Umgriff der Satzung zu erweitern und den Schutz auf kleinere Gewerbemieter auszudehnen.

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