Süddeutsche Zeitung

Maxvorstadt:Neubau ganz ohne Wohnraum

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Ein Investor plant an der Dachauer Straße einen Komplex, in dem ausschließlich Gewerbe unterkommen soll. Das erzürnt den Bezirksausschuss, und die Stadtgestaltungskommission springt den Lokalpolitikern bei.

Von Sebastian Krass

Wenn dieses Haus an der Ecke Dachauer Straße/Maßmannstraße so kommt wie derzeit geplant, wird es im Stadtviertel auf wenig Gegenliebe stoßen - so zumindest war der Appell von Svenja Jarchow-Pongratz in der jüngsten Sitzung der Stadtgestaltungskommission zu verstehen. Man brauche an dieser Stelle keinen reinen Büro- und Geschäftskomplex, sagte die Grünen-Politikerin und Vorsitzende des Bezirksausschusses Maxvorstadt, "das, woran es uns massiv mangelt, ist Wohnungsbau".

Und sie bekam Unterstützung von der Kommission, die sich eigentlich mit der Qualität des architektonischen Entwurfs zu befassen hatte, aber in diesem Fall auch Position im Konflikt Büro gegen Wohnen bezog: Man appelliere an die Bauherren, "Wohnungsbau weiterzuverfolgen", hieß es im Votum der Kommission zu dem Bauvorhaben. Zudem betonte Grünen-Stadträtin Anna Hanusch, die die Sitzung leitete, dass die Stadtverwaltung bei der Genehmigung von Wohnraum behilflich sein wolle.

Das Neubauprojekt soll auf einem Grundstück an der Dachauer Straße 92 entstehen, auf dem es früher eine BMW-Niederlassung gegeben hat und wo derzeit unter anderem ein Fitnessstudio und ein Supermarkt angesiedelt sind. Bauherr Georg Meier, dessen Familie das Grundstück, das hinten an den Maßmannpark grenzt, seit Jahrzehnten gehört, möchte ein Gebäude mit Geschäften und Büros errichten, das zur Dachauer Straße einen kleinen 29-Meter-Hochpunkt hat.

In der Stadtgestaltungskommission war das Projekt zum zweiten Mal Thema - und zum zweiten Mal ging es neben ästhetischen Fragen um fehlenden Wohnraum. Andreas Gierer vom Münchner Büro Bögl Gierer Architekten erklärte, man habe das Thema Wohnen in der Überarbeitung noch einmal geprüft. Es sei aber aus Gründen des Lärmschutzes nicht möglich, nicht nur wegen des Verkehrs an der Dachauer Straße, sondern auch wegen der dahinter angrenzenden Schule sowie der Spiel- und Sportflächen. "Das sind nicht nur Kinderspielplätze, sondern auch ein Streetballplatz und ein Skateplatz", erläuterte Gierer. Er verstehe die Argumentation pro Wohnen, "aber wir finden den Ort nicht prädestiniert dafür". Er berief sich auch darauf, dass die Stadt anfangs schon Wohnen an der Stelle kritisch gesehen habe.

Die BA-Vorsitzende Jarchow-Pongratz, die auch Vorsitzende der Münchner Grünen ist, nannte die Argumentation im Hinblick auf die Lärmemissionen "nicht nachvollziehbar". Eine Schule und Spielplätze könnten doch nicht Wohnungsbau verhindern. Zudem biete das Grundstück "genug Möglichkeiten, Wohnraum im Innenraum zu schaffen, es gibt ja auf der Fläche keine Dauerbeschallung von allen vier Seiten". Sie sieht an der Stelle "eine großartige Möglichkeit, Wohnen und Büros in einem Projekt zu verbinden".

Ob sie und die Kommission allerdings mit ihren Appellen durchdringen, ist zweifelhaft. Gierer sagte nach der Sitzung, die Bauherren hätten sich eindeutig für Gewerbe entschieden. Und die Stadt, erklärte Stadträtin Hanusch, habe an dieser Stelle "keine baurechtliche Möglichkeit, Wohnungen vorzuschreiben. Wenn es ohne Wohnen bleibt, ist das zur Kenntnis zu nehmen".

Ohne die einst geplanten Kolonnaden fügt sich der Komplex besser in die Umgebung ein

Was die Architektur betrifft, war die Kommission mit dem zweiten Entwurf zufriedener als mit dem ersten. Beim Hochpunkt sind oben aufgesetzte Kolonnaden weggefallen, so dass er sich aus Sicht der Expertinnen und Experten besser in die umliegende Bebauung einfügt. Auch die geänderte Fassadenstruktur mit nur noch zwei Farben stieß auf Wohlwollen.

Allerdings leitete Kommissionsmitglied Piero Bruno, Architekt aus Berlin, auch aus der ästhetischen Debatte einen Wunsch nach Wohnen ab, denn ihm ist der gut 40 Meter lange Riegel entlang der Maßmannstraße noch zu monoton. "Man kann sich kaum vorstellen, dass es da unmöglich sein soll", sagte Bruno. "Vielleicht sollten Sie doch einen Teil Wohnen anbieten. Das wäre ein Gewinn für das Quartier, und Sie hätten einen Grund, noch gewisse Variationen am Gebäude zu machen."

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