Süddeutsche Zeitung

Krippen-Ausstellungen:Heilige Familie mit Fabelwesen

Lesezeit: 4 min

Einstimmen auf Weihnachten: Besonders schöne und ungewöhnliche Krippen sind in Kirchen und Museen in und um München zu sehen - auch die größte Sammlung der Welt.

Von Jürgen Moises und Sabine Reithmaier

Krippenweg im Dom

Die Rolle eines Begleiters in unsicheren Zeiten. Das ist diejenige, welche der Esel in biblischen Geschichten hat. Sei es als Lastenträger, Reittier oder auch als "Zeuge" von Christi Geburt. Für die Mitglieder des Münchner Krippenfreunde e.V., der sich seit mehr als 100 Jahren um die Pflege der hiesigen Krippenkultur kümmert, ist er damit ein sehr positiv besetztes Tier und Symbol. Weswegen er nun auch beim erstmals im Münchner Dom stattfindenden "Krippenweg" im Zentrum steht. Der Krippenweg ist im Wesentlichen eine Ausstellung, die aus mehreren historischen Krippen besteht. Organisiert wurde er in Kooperation mit der Citypastoral München. Mit dem Ziel, angesichts der aktuell zahlreichen Ängste für "innere Einkehr und das besinnliche Gefühl für Weihnachten" zu sorgen.

"Sichere Begleitung in unsicherer Zeit" heißt dementsprechend das Motto für den Krippenweg, der noch bis zum 8. Januar im Dom zu erleben ist. Zu den Exponaten gehört etwa eine Krippe, die die "Flucht nach Ägypten" zeigt. Die Bauten und Figuren, zu denen ungewöhnliche Fabelwesen zählen, stammen von Münchner Meistern des 19. Jahrhunderts. Auch eine Neapolitanische Krippe ist zu sehen, mit Figuren aus der Zeit um 1760. Wer mehr darüber wissen will: Am 18. und 28. Dezember gibt es jeweils um 12 Uhr Führungen der Krippenfreunde, die sich in München auch um viele andere Jahres- und Weihnachtskrippen kümmern. Im Jahr 2019 haben sie außerdem eine große Ausstellung im Rathaus gemacht. Jürgen Moises

Krippenweg im Dom, bis 8. Jan., Dom Zu Unserer Lieben Frau, Frauenplatz 1, www.muenchner-krippenfreunde.de

Krippen aus 300 Jahren

Die größte Krippensammlung der Welt befindet sich im Bayerischen Nationalmuseum. Für Krippen-Fans ist dieses damit zur Weihnachtszeit die erste Adresse. Mehr als 300 Jahre Krippengeschichte lassen sich hier bestaunen, zu der neben Münchner und alpenländischen Varianten besonders kostbare aus Neapel zählen. Diese zeichnen sich durch ihre lebensnahen Details aus, wie etwa bei der Darstellung des Markttreibens auf Neapels Straßen oder der Anbetung der Könige im Marmorpalast. Zusammengetragen wurde der Großteil der Sammlung vom Münchner Bankier und Geschäftsmann Max Schmederer (1854 - 1917). Ein regelrechter Krippennarr, der tausende Figuren aus aller Welt dafür erwarb und diese in seinem Haus in der Neuhauser Straße zur Weihnachtszeit ausstellte. Außerdem gehörte Schmederer zu den Gründern des Münchner Krippenfreunde e.V.

Auch im Alten Schloss in Oberschleißheim (Max-Emanuel-Platz 1) gibt es wertvolle Krippen aus Europa und aus Übersee. Am 18. Dezember findet um 14 Uhr eine kostenlose Führung durch die dortige Sammlung statt, zu der etwa die sogenannte "Y-Krippe" gehört. Eine Ebenholzschnitzarbeit der Makonde aus Tansania, bei der die heilige Familie aus einem einzigen aufrechten Ebenholzstamm geschnitzt wurde. Ihr expressiver Stil und die afrikanisch aussehenden Gesichter machen sie zu einer beeindruckenden Skulptur. Jürgen Moises

Krippensammlung im Bayerischen Nationalmuseum, bis Ende Jan., Prinzregentenstr. 3, www.bayerisches-nationalmuseum.de/sammlung

Zwei Krippen feiern Geburtstag

Wie sah es in Betlehem aus, als Jesus Christus dort geboren wurde? Für Sebastian Osterrieder war das eine wichtige Frage. Deswegen reiste der Schwabinger Künstler Osterrieder sogar nach Ägypten und stellte basierend auf seinen Erfahrungen eine orientalische Krippe her. Vor hundert Jahren, an Weihnachten 1922, stellte er diese erstmals in der Schwabinger Pfarrkirche St. Ursula auf. Und dort feiert die Krippe nun ihren 100. Geburtstag. Zu verdanken ist das zu großen Teilen Annette Krauß. Sie hat die Krippe in den 2000er Jahren wiederentdeckt, mithilfe von Unterstützern restauriert, und sie stellt sie nun jedes Weihnachten neu auf. Zum Jubiläum hat Krauß eine neue Szene geschaffen, in der man das Atelier von Osterrieder sieht. Das Kamel darin ist ein Original, andere Figuren stammen aus dem 3D-Drucker.

Auch die Gämmerler-Krippe am Bürgersaal zu München feiert Geburtstag. Der Münchner Krippenbauer Theodor Gämmerler hat sie vor 75 Jahren geschaffen und von 1947 bis 1968 mit wechselnden Szenen vor Ort selbst aufgebaut. Die Textilien stammten von seiner Frau Wilgefort Gämmerler. Über die Geschichte der Krippe und allgemein über Gämmerlers Kunst informiert zum Geburtstag eine kleine Ausstellung im Museum der Marianischen Männerkongregation in der Unterkirche des Bürgersaals. Sie zeigt historische Fotos, Dokumente und Requisiten und zusammengestellt wurde sie ebenfalls von Annette Krauß. Jürgen Moises

Osterrieder-Krippe, St. Ursula, bis Ende Jan., Kaiserplatz 1, www.altschwabing-katholisch.de/sankt-ursula ; Pathos, Drama, Licht. 75 Jahre Gämmerler-Krippe, Bürgersaal zu München, bis 6. Jan., tgl. bis 17 Uhr, Museum der Marianischen Männerkongregation, Neuhauser Str., 14, www.mmkbuergersaal.de/museum.html

Heilige Familie vor dem Wetterstein

Adolf (Waggi) Rehms Begeisterung für Krippen beeindruckte Marianne Aschenbrenner offensichtlich nachhaltig. Sonst hätte die Stifterin des nach ihr benannten Museums in Garmisch-Partenkirchen wohl kaum testamentarisch einen Anbau an ihr ehemaliges, heute als Puppen- und Spielzeugmuseum genutztes Wohnhaus verfügt. Das Ziel ihres Vermächtnisses: der Sammlung der Werdenfelser Krippenfreunde, deren Vorsitzender Rehm damals war, ein dauerhaftes Domizil zu sichern. Seit 2005 zeigt der Verein dort eine feine, sehenswerte Dauerausstellung. Die Präsentation spiegelt in erster Linie die Krippentradition im Werdenfelser Land wieder. Doch neben Schneekrippen aus Oberammergau oder Werdenfelser Heimatkrippen zählen filigrane Tiroler Papierkrippen aus der Zeit um 1750 sowie eine orientalische Krippe mit ehrwürdigen Gliederpuppen, geschnitzt im Stil der "Münchner Schule" von 1790, zu den besonderen Sehenswürdigkeiten. Eine weitere orientalische Krippe ist mit alten Wachsfiguren aus dem Salzburger Land um 1860 bestückt. Ebenso ein besonderes Exemplar ist die aus 43 Figuren bestehende Krippe des Partenkirchner Künstlers Georg Reiner (1883 - 1962). Übrigens ist auch für die jüngeren Besucher dank der extra angefertigten Holzstufen alles bis ins letzte Detail zu sehen. Sabine Reithmaier

Museum Aschenbrenner, Di. bi So., 11 - 17 Uhr, Loisachstr. 44, Garmisch-Partenkirchen, www.museum-aschenbrenner.de

Welt der Wunder

Die Verehrung der Geburt Jesu hat eine lange Tradition. Dazu gehört im süddeutschen Raum seit dem Hochmittelalter der Brauch, sogenannte Fatschenkinder (von lateinischen "fascia" = Wickel) am Weihnachtsabend feierlich in eine Wiege zu legen. Eine Tradition, die in den Klöstern entstand und in zahlreichen Fällen zu Wallfahrten führte. Verbreiteten sich mit der Verehrung der Fatschenkinder doch Geschichten, dass Gebete erhört wurden oder andere Wunder geschahen. In der Ausstellung "Wallfahrtsjesulein aus vier Jahrhunderten" im Deutschen Jagd- und Fischereimuseum wird an diese Geschichten erinnert. Präsentiert werden darin neben anderen Wallfahrtsandenken bedeutende Figuren wie "Das Salzburger Loretokindl" oder "Das Prager Jesulein".

Manche davon sind original, zahlreiche sind Nachbildungen, einige davon wurden durch "Anberührung" am Original geweiht. Das gilt auch für die Nachbildung des Augustinerkindls, das zu den bekanntesten Jesus-Figuren zählt. Das Original wurde um 1600 von Münchner Bürgern dem Augustinerkloster geschenkt und befindet sich seit 1817 im Besitz der Marianischen Männerkongregation. Die hinter der Ausstellung stehende Rosi Bauer leitet seit zehn Jahren das Christkindl-Wallfahrtsmuseum in Siegsdorf, dessen Räumlichkeiten nun aber für das angrenzende Naturkundemuseum gebraucht werden. Deswegen sucht Bauer eine neue Herberge. Wer Hilfe weiß, kann sich via himmelswerkstatt@rosibauer.de bei ihr melden. Jürgen Moises

Wallfahrtsjesulein aus vier Jahrhunderten, bis 5. Feb., Deutsches Jagd- und Fischereimuseum, Neuhauser Str. 2, www.jagd-fischerei-museum.de

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5716748
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.