Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in München:Christine Strobl kündigt Rückzug an

Lesezeit: 3 min

Von Heiner Effern und Dominik Hutter, München

Die SPD im Rathaus wird nach der Kommunalwahl im März 2020 ein weiteres prominentes Gesicht verlieren: Münchens Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) will aus persönlichen Gründen nicht noch einmal für den Stadtrat kandidieren - und kann daher nach der Wahl auch ihr Spitzenamt im Rathaus nicht mehr ausüben. Die vor allem in der Sozial-, Gleichstellungs- und Bildungspolitik profilierte 58-Jährige informierte am Donnerstag Oberbürgermeister Dieter Reiter und den Parteivorstand. Bis zur Wahl will Strobl ihr Amt weiter ausfüllen.

"Das hat mit der Partei überhaupt nichts zu tun", sagte Strobl über ihren Rückzug aus der Kommunalpolitik. Die gebürtige Münchnerin will der SPD verbunden bleiben und sich möglicherweise ehrenamtlich engagieren. Der Schritt, der ihr nach 30 Jahren in der Politik sehr schwer falle, habe ausschließlich private Gründe. Was ihr allerdings die Entscheidung erleichtert habe, sei das Gefühl, die Rathausfraktion mit ihrem neuen Vorstand in guten Händen zu wissen. "Ich glaube, dass das Haus gut bestellt ist", so die SPD-Politikerin.

In der eigenen Partei herrscht Bedauern über den Rückzug Strobls, die vor allem auch bei der Basis sehr beliebt ist. "Für die Sozialdemokratie in dieser Stadt und auch mich persönlich ist das sehr schade", erklärte Oberbürgermeister Reiter, der die privaten Gründe für diesen Schritt ausdrücklich respektiert. "Ich ziehe meinen Hut." Reiter hätte erklärtermaßen - eine Wiederwahl 2020 natürlich vorausgesetzt - weiter mit Strobl im Rathaus zusammengearbeitet. Sie sei "das Aushängeschild der Münchner Sozialdemokratie im Schul- und Sozialbereich". Wer der Politikerin nachfolgen soll, ist noch unklar - die Frage stellt sich allerdings auch erst nach der Kommunalwahl.

"Es wird schwer, sie zu ersetzen", lautet die Reaktion von Münchens SPD-Chefin Claudia Tausend. "Die Lücke, die wir dann schließen müssen, ist eine große." Strobl sorge als Bürgermeisterin seit 14 Jahren dafür, "dass in der Landeshauptstadt niemand verloren geht". Verena Dietl, Fraktionsvorsitzende im Rathaus, hätte "gerne auch über die Kommunalwahl 2020 hinaus mit ihrer Unterstützung in der Stadtpolitik gewirkt". Die Ankündigung Strobls sei überraschend gekommen. Dietls Kollege als Vorsitzender, Christian Müller, geht davon aus, dass sich Strobl im Wahlkampf noch voll einbringt. Sehr zum Wohl der SPD. Strobl sei "eine herausragende Persönlichkeit" der Stadtpolitik, mit der man sich insbesondere auch sozialpolitisch zielsicher, fachgenau und mit großem Wissen austauschen könne.

Die SPD-Rathausfraktion hat damit innerhalb von nur einem Monat drei ihrer Mitglieder verloren - wobei Strobls Rückzug ja erst im kommenden Jahr erfolgt. Die frühere Bildungssprecherin Birgit Volk, die ebenfalls persönliche Gründe anführte, hatte hingegen mit sofortiger Wirkung ihrer Fraktion den Rücken gekehrt. Der frühere Fraktionsvorsitzende Alexander Reissl war im Groll über den Kurs der SPD sowie den Umgang mit seiner Person gegangen und verstärkt inzwischen die CSU-Fraktion.

Christine Strobl ist seit dem 14. Dezember 2005 Teil der Münchner Stadtspitze. Damals folgte sie außerhalb von Kommunalwahlen ihrer Parteikollegin Gertraud Burkert im Amt der Zweiten Bürgermeisterin nach. Drei Jahre später wurde sie erstmals in einer regulären Wahl bestätigt. 2014 wäre ihre politische Karriere als Bürgermeisterin fast beendet gewesen. Damals standen nach der Stadtratswahl die Verhandlungen der SPD über eine Dreierkoalition mit der CSU und den Grünen kurz vor dem Abschluss. In diesem Fall wären die drei Posten an der Stadtspitze paritätisch verteilt worden, den Platz der SPD hätte der neue Oberbürgermeister Reiter automatisch eingenommen.

Doch fast in letzter Minute drehte sich das Blatt, die Grünen gingen in die Opposition, Christine Strobl musste lediglich einen Schritt zurücktreten und wurde Dritte Bürgermeisterin. Dieses Amt füllt sie seitdem in ihrem typischen politischen Stil aus: ohne großes Aufheben um ihr soziales Engagement, das meistens im Verborgenen stattfindet. Mit eher leisen Worten. Aber mit durchaus ein wenig knatschigen Bemerkungen, wenn ihr irgendetwas überhaupt nicht passt.

Begonnen hatte ihre Karriere im Stadtrat 1990. Von Anfang an prägte sie also die 24 Jahre dauernde Ära von Rot-Grün mit. Insbesondere setzte sie sich für Frauenrechte, Gleichstellung, Kinder und Familien ein. 1994 wurde sie in den Fraktionsvorstand gewählt, 2002 stieg sie zur stellvertretenden Vorsitzenden auf.

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Quelle:
SZ vom 18.10.2019
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