Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl:Münchnerinnen haben die Wahl

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Von Heiner Effern, Miriam Steiner

"Frauen haben die Wahl!", prangt in pinkfarbener Schrift auf dem Deckblatt der Broschüre. Darin stehen Hintergründe zur Wahl und jede Menge Gründe, warum Frauen ihr Kreuz in der Wahlkabine machen sollen und warum möglichst viele erwägen sollten, sich beim nächsten Mal selbst zur Wahl zu stellen. Das kleine Heftchen hat die Gleichstellungsstelle der Stadt im Vorfeld der Kommunalwahl am 15. März herausgegeben. Speziell in der Stadtpolitik gebe es "viele Themen, die Frauen betreffen und um diese in die Politik zu bringen, braucht es eine verstärkte Beteiligung der Frauen", sagt Marion Bär von der Gleichstellungsstelle.

Wenn in knapp zwei Monaten die Münchner und die Münchnerinnen ihren neuen Oberbürgermeister wählen, könnte sich die männliche Wortvariante für den Posten erst mal erübrigen. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ist zwar Favorit, doch erstmals muss sich der Amtsinhaber gleich gegen zwei aussichtsreiche Kontrahentinnen durchsetzen: Kristina Frank von der CSU und Katrin Habenschaden von den Grünen. Das klingt in Sachen Gleichberechtigung ganz gut, auf der anderen Seite hat noch nie eine Frau München als Oberbürgermeisterin regiert. Und noch nie hatte die CSU eine Spitzenkandidatin.

Die Gleichstellungsstelle möchte nun mit ihrer Broschüre Frauen verstärkt dazu motivieren, am 15. März auch zur Wahlurne zu schreiten und sich für ihre Interessen einzusetzen. "Wir wollen zeigen: Es zahlt sich aus, mitzumachen", sagt Bär. Das unterstützen ausdrücklich auch Münchner Stadträtinnen. "Für die Kommunalpolitik gilt das, was für jeden Bereich der Politik in einer repräsentativen Demokratie gilt: Wer die Hälfte der Gesellschaft repräsentiert, sollte auch mindestens zur Hälfte repräsentiert sein", sagt Kommunalreferentin Frank. "Wir sind da im Münchner Stadtrat schon sehr weit."

Aktuell sind 34 der 80 Mitglieder Frauen - also 42,5 Prozent. Im Bundestag sind es mit 31,2 Prozent weniger, im Landtag sind Frauen nur zu 26,8 Prozent vertreten und somit ebenfalls unterrepräsentiert. Dass in der Stadt die Zahlen besser sind als auf Landes- oder Bundesebene, ist für Grünen-Stadträtin Anja Berger kein Grund, sich zurückzulehnen. Politik sei immer noch "männerdominiert". Eine wichtige Voraussetzung für Gleichberechtigung seien paritätische Kandidatenlisten. "Ohne Quote geht es leider nicht."

Verena Dietl ist als Fraktionschefin der SPD in die Macht der Männer eingebrochen - auch in ihrer eigenen Partei, die schon viel für Frauen erreicht habe, wie sie betont. Dennoch sei es im politischen Alltag "oft schwierig, gerade für Frauen mit Kindern. Es gibt viele Termine, man muss viel koordinieren - für ein Ehrenamt wie das des Stadtrates gibt es keine Elternzeit". Die Politik müsse weiter daran arbeiten, dass diese Hürden abgebaut würden. "Politik kann nicht nur von denen gemacht werden, die es sich zeitlich einfacher leisten können." Die Politik brauche mehr Frauen. "Mit meinem eigenen Beispiel möchte ich anderen auch Mut machen."

In der Broschüre wird zudem Aufklärungsarbeit für Frauen geleistet, die sich bisher noch gar nicht mit Politik beschäftigt haben. Es wird erklärt, wer am 15. März gewählt wird, wer wählen darf und wie die Wahl abläuft. Auch Möglichkeiten für politisches Engagement werden genannt. Sitzungen der Bezirksausschüsse oder Frauengruppen etwa seien gute Anlaufstellen für all jene, die sich politisch einbringen wollen, heißt es.

Grundsätzlich geht es in der Broschüre nicht darum, Frauen in ihrem politischen Engagement auf Familie oder den Kampf für Frauenrechte zu begrenzen. Jeder müsse die Themen bearbeiten, auf die er Lust habe, steht in dem Heft. Es wird aber auch explizit darauf hingewiesen, dass Frauen ihre Belange in der Gesellschaft besser gestalten könnten, wenn sie selbst mehr Anteile an der Macht hätten. Wie kann man sich beruflich weiterentwickeln? Wie steht es um die Möglichkeiten zur Kinderbetreuung? Wie sieht es mit dem Freizeit- und Kulturangebot aus? Allesamt Fragen, die Frauen "unmittelbar im Alltag betreffen", heißt es in der Broschüre. Diese ist im Netz auf den Seiten der Gleichstellungsstelle zu finden. Frauen sollten ihre Möglichkeiten bei Wahlen nutzen, sagt OB-Kandidatin Frank, und formuliert einen Grund, dem die Kolleginnen zustimmen dürften: "Frauen tun München gut."

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SZ vom 14.01.2020
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