Süddeutsche Zeitung

München Klinik:Erhöhte Zulage für Tausende Mitarbeiter: Eine Win-Win-Win-Situation

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Von Heiner Effern

Das sei doch eindeutig eine Win-win-Situation, freute sich die Gewerkschaft Verdi, als sie am Mittwochabend die kräftige Erhöhung der München-Zulage für die Mitarbeiter der städtischen Krankenhäuser verkündete. Das Personal erhalte deutlich mehr Geld und die München Klinik ein gutes Argument, auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt Schwestern oder Pfleger anzuwerben, sagte Verhandlungsführer Robert Hinke. Doch dabei hat Verdi noch jemanden vergessen, der darin sogar eine Win-win-win-Situation sehen würde: Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Dieser sorgt im Schnelldurchlauf dafür, dass nach den Angestellten der Stadt nun - nach und nach - auch die Mitarbeiter der Tochterunternehmen mehr Geld auf dem Konto sehen. Offizielle Vorgabe für die Umsetzung: 1. April.

Dass diese Frist sehr nah am 15. März endet, dem Termin für die Kommunalwahl, dürfte kein Zufall sein. Den Mitarbeitern des Klinikums aber wird das egal sein, wenn sie künftig auf die Entwicklung ihres Gehaltszettels sehen. Bisher standen dort als München-Zulage 85 Euro. Vom 1. April an soll sich die Zahl mehr als verdreifachen - auf 270 Euro. "Sofern der Stadtrat zustimmt, könnte die erhöhte München-Zulage gerade für Pflegekräfte und weitere Beschäftigte der mittleren Einkommensgruppen eine echte finanzielle Entlastung sein, damit auch sie sich das Leben in München besser leisten können", kommentierte OB Reiter die Einigung.

Profitieren werden von der Übernahme der städtischen Zulage etwa 5000 Mitarbeiter. Die 270 Euro werden an die unteren und mittleren Einkommensgruppen gehen, also etwa Techniker, Pflege- oder Küchenpersonal und Therapeuten. Angestellte, die jetzt schon besser verdienen, werden 135 Euro erhalten. Die obersten Gehaltsklassen werden leer ausgehen. Dass sich die Verhandlungsparteien erst nach der dritten Runde geeinigt haben, lag vor allem an der Finanzierung. Die sich immer noch in der Sanierung befindliche München Klinik sehe sich außer Stande, die nötigen Millionen dafür aufzubringen, hatte Geschäftsführer Axel Fischer schon frühzeitig gewarnt.

Nun heißt es in der Erklärung, dass der Großteil des nötigen Geldes "über das Pflegepersonalstärkungsgesetz" hereinkommen soll. Diese neue Bundesvorschrift soll die Etats der Krankenhäuser entlasten. Das dürfte aber deutlich nicht reichen, die veranschlagten etwa zehn Millionen Euro für die erhöhte München-Zulage zu decken. Die Stadt wird wohl die eine oder andere Million jährlich zuschießen müssen. Darüber will aber derzeit niemand reden, weil auch noch andere städtische Töchter ihren Mitarbeitern mehr Zulage bezahlen sollen. Wenn die Krankenhäuser eine deutliche Finanzspritze der Stadt erhalten, könnte dies Gelüste wecken.

Zum Beispiel beim Münchenstift, der Gesellschaft für die städtischen Senioren- und Pflegeheime. Die gehört auch zu der Gruppe von kommunalen Unternehmen, deren Mitarbeiter OB Reiter analog zu den Mitarbeitern der städtischen Kernverwaltung mit einer höheren München-Zulage beglücken will. Wie die städtischen Wohnungsgesellschaften, die Olympiapark GmbH oder als größte Tochter die Stadtwerke München. Sie alle sollen prüfen, welchen und wie vielen Angestellten sie eine höhere Zulage zahlen sollten, um die 270 Euro zu erreichen, die OB Reiter am 1. Mai 2019 auf dem Marienplatz allen städtischen Mitarbeitern versprochen hat.

Die Stadtwerke wollen sich noch nicht äußern, ob und wie viele Mitarbeiter betroffen seien. Allerdings erhalten diese jetzt schon Boni und verdienen im Schnitt besser als die Stadtangestellten. Bei Münchenstift könnten fast alle Mitarbeiter, also etwa 1900, mit einer höheren Zulage rechnen, sagte Geschäftsführer Siegfried Benker. Er verweist auch darauf, dass er die wohl nötigen sechs Millionen Euro nicht bezahlen könne, ohne die Bewohner kräftig zur Kasse zu bitten. Das wird aber niemand wollen. Es werde intensiv an einer Lösung gearbeitet, sagte Benker, er habe ein Konzept vorgelegt. Der Ball liege nun bei der Stadt.

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SZ vom 30.01.2020
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