Süddeutsche Zeitung

Umwelt- und Naturschutz:München bekommt als erste deutsche Stadt eigene Klimasatzung

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Die Regierungskoalition verabschiedet einen Grundsatzbeschluss. So sollen etwa künftige Stadtrats-Entscheidungen auf ihre Folgen fürs Klima untersucht werden. Die Opposition äußert Kritik.

Von Jakob Wetzel

Am Ende sind die drei Entscheidungen fast alle mit großer Mehrheit gefallen. Erstens: München wird künftig als erste deutsche Stadt eine eigene Klimasatzung haben, in der sie ihre Klimaziele festgeschrieben hat; ein 13-köpfiger Klimarat aus Vertreterinnen und Vertretern von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft soll sie dabei beraten und begleiten.

Zweitens: Einschlägige Beschlüsse des Stadtrats werden in Zukunft auf ihre Folgen auf das Klima überprüft, bevor sie im Stadtrat beraten werden. Und drittens: Um mehr Geld in den Schutz des Klimas und in nötige Anpassungen an den Klimawandel investieren zu können, soll es bereits ab 2022 und vorerst bis 2026 ein Extra-Budget von 100 Millionen Euro im Jahr geben. Das hat der Ausschuss für Klima- und Umweltschutz des Stadtrats am Dienstag beschlossen; kommende Woche muss das Plenum dem noch zustimmen.

Vor knapp zwei Jahren hat der Münchner Stadtrat den Klimanotstand ausgerufen und beschlossen, dass die Stadt bis 2035 klimaneutral werden soll; die Stadtverwaltung sogar bereits bis 2030. Zum Jahresbeginn hat das neue Referat für Klima- und Umweltschutz die Arbeit aufgenommen. Konkrete Schritte zu mehr Klimaschutz sollen erst im Herbst beraten werden - bis dahin soll ein Fachgutachten vorliegen, das untersucht, auf welche Weise die Stadt ihre ehrgeizigen Ziele überhaupt erreichen kann. Nun aber habe man einen Grundstein dafür gelegt, sagte Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne) nach den drei Abstimmungen im Großen Sitzungssaal des Neuen Rathaus. Die grün-rote Rathauskoalition überbot sich mit Lob. Von einem "wegweisenden Grundgerüst", das später befüllt werde, sprach Mona Fuchs (Grüne). Man habe etwas Einzigartiges geschaffen, sagte Julia Schmitt-Thiel (SPD).

Nicola Holtmann (ÖDP) ging der Grundsatzbeschluss dagegen nicht weit genug. München müsse sich dem ungebremsten Wachstum entgegenstellen, sagte sie, fand aber kein Gehör. Und der Klimarat sei ein zu "zahmes Kätzchen", er brauche ein Vetorecht. Konsequent dagegen hielt auch Fritz Roth (FDP), wenngleich aus anderen Gründen. Die 100 Millionen Euro seien "erst einmal nur eine Ankündigung", sagte er. Mit seiner Fraktion gebe es keine Blankoschecks.

Bei der Klimasatzung warne er vor "ausufernder Klima-Bürokratie". Er habe in den Vorlagen bis zu 16 verschiedene Arbeitsgruppen gezählt. Noch dazu werde versucht, einen Muster-Lebensstil zu definieren. "Da gehe ich ganz bestimmt nicht mit. München ist bunt, nicht nur grün." Und die Klimaprüfung? "Nicht praktikabel." Die FDP stimmte am Ende gegen alle drei Beschlüsse.

An der Klimaprüfung störte sich auch die CSU. Geplant ist, dass jedes Referat der Stadtverwaltung die eigenen Beschlussvorlagen auf ihre Klimaverträglichkeit überprüfen soll. Laut Klimaschutzreferat werden im Stadtrat jährlich etwa 1600 Beschlüsse gefasst; davon müssten ein Fünftel bis ein Drittel geprüft werden. Das bedeute mehr Aufwand in den Referaten, sagte Sebastian Schall (CSU). Man trage das nur mit, wenn die Referate dafür mehr Personal und Geld erhielten; der Vorschlag fiel durch. Man wisse noch gar nicht, wie groß der Aufwand werde, sagte Klimaschutzreferentin Christine Kugler. Man bewerte das nach einer Pilotphase. Die Klimaprüfung wurde gegen die Stimmen von FDP und CSU beschlossen.

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SZ vom 21.07.2021
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