Süddeutsche Zeitung

Kinderbetreuung:Rathauskoalition streitet über kostenlose Kitas

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Ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts sorgt für Ärger: Mit der Münchner Förderformel habe die Stadt manche Kita-Träger unzulässig unter Druck gesetzt. Nun sind SPD und Grüne uneins über die Gebührenfreiheit.

Von Jakob Wetzel

Bleibt der Kindergarten für einen Großteil der Münchner Kinder auch künftig kostenlos? Über diese Frage zeichnet sich nun Streit in der Rathauskoalition ab: Ginge es nach der SPD, bliebe die Gebührenfreiheit den Eltern in jedem Fall erhalten. Die Grünen aber wollen sich darauf nicht festlegen. Die Rede ist hier vielmehr von einer sozial verträglichen Gebührenstaffel, mit der man mögliche Defizite kompensieren könne. An diesem Freitag wollen beide Koalitionspartner nun jeweils eigene Vorschläge machen, wie es weitergehen soll.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein neues Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts. Die Stadt München hatte 2019 die Elterngebühren in den meisten Kindergärten und Krippen stark gesenkt; seither zahlen viele Eltern insbesondere für einen Platz im Kindergärten gar nichts mehr. Zuvor hatten sich alle drei großen Parteien im Stadtrat für eine Entlastung ausgesprochen, SPD, Grüne und CSU. Das Verwaltungsgericht aber stellte im September 2021 fest, dass die Art und Weise, wie die Gebühren sanken, rechtswidrig gewesen ist: Denn die Stadt habe nicht alle Eltern entlastet, sondern nur diejenigen, deren Kinder eine Kita besuchen, die der Münchner Förderformel beigetreten ist, einem Zuschuss-System, mit dem die Stadt für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen will. Damit aber habe die Stadt andere Kita-Träger unzulässig unter Druck gesetzt und den Wettbewerb verzerrt, so das Gericht. Einer dieser Träger hatte geklagt.

Unter Druck steht jetzt die Stadt: Sie muss ihre Kita-Förderung auf sicheren Boden stellen und daher wohl die Förderformel reformieren. Aber wie? Für die SPD ist klar: Die Gebührenfreiheit müsse bleiben. Sie sei "eine unserer größten Errungenschaften in München" und stehe nicht zur Debatte, sagt die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Julia Schönfeld-Knor. Doch mit dem Koalitionspartner, heißt es in der SPD, habe man sich darauf nicht einigen können. "Die Gebührensenkung war richtig. Wir wollen weiterhin an einer sozial verträglichen Gebührenstaffel festhalten", betont zwar Sebastian Weisenburger (Grüne). Von einer Gebührenfreiheit, auf der die SPD besteht, ist im Antrag der Grünen, den sie an diesem Freitag einbringen wollen, aber nicht die Rede. Vielmehr pochen sie darin auf die Qualität der Kinderbetreuung, auf familienfreundliche Öffnungszeiten und angemessene Bezahlung des Personals - so soll verhindert werden, dass ein Preiskampf zwischen den Kitas um die begehrten Erzieherinnen und Erzieher entsteht. Die SPD wiederum will sich umgekehrt nicht alleine auf die Einschätzung der Juristen im städtischen Bildungsreferat verlassen, das von Florian Kraus (Grüne) geleitet wird. In ihrem Antrag fordert die SPD, das Referat solle ein externes Rechtsgutachten in Auftrag geben. Ein Eklat? Dass man getrennt vorgehe, werde es noch häufiger geben, beschwichtigt Julia Schönfeld-Knor: Man setze eben andere Schwerpunkte als der Koalitionspartner. Wichtig sei, eine Lösung zu finden für Eltern, die keinen Platz in einer günstigen Kita bekommen haben und deshalb einen teureren Platz annehmen mussten.

Der Konflikt mit den privaten Kitas, der überhaupt erst zu dem Urteil des Verwaltungsgerichts geführt hatte, könnte indes weitergehen. Deren Wunsch, die Gebühren für jedes Kind gleichermaßen zu senken, erteilen die Grünen eine Absage: Eine pauschale Pro-Kopf-Förderung komme nicht in Frage, heißt es.

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Quelle:
SZ vom 15.10.2021
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