Süddeutsche Zeitung

Leerstand in München:Als ob Wohnungsnot für die CSU ein Fremdwort wäre

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Dutzende Häuser lässt der Freistaat leer stehen, und das in München. Ein Witz? Nein, ein weiteres Beispiel für die misslungene Wohnungspolitik der Staatsregierung.

Kommentar von Bernd Kastner

Zum Beispiel 1747. Oder 1952. Oder 2066. Das sind keine Jahreszahlen aus Vergangenheit und Zukunft, das sind Quadratmeter-Angaben. Sie benennen die Größe von Grundstücken, auf denen Häuser stehen, die leer sind. Unbewohnt, ungenutzt, und das in München. Sie gehören nicht irgendeinem Spekulanten, der auf steigende Preise wettet, sie sind im Besitz des Freistaats Bayern. Weil es die SPD wissen will, hat das CSU-geführte Bauministerium in einer Tabelle 32 Objekte aufgelistet, fast alle in Hartmannshofen. Die Hälfte steht seit drei Jahren oder länger leer.

Gewiss, die ungenutzten Objekte sind keine schmucken Villen. Nach dem Auslaufen der Erbpacht sind die Häuser nach Jahrzehnten an den Freistaat zurückgefallen, sie sind eher klein und oft in schlechtem Zustand. Aber statt sie zügig herzurichten für eine Zwischennutzung, lässt der Freistaat sie verfallen. Als ob es ausreichend günstigen Wohnraum in München gäbe, dass es auf ein paar Dutzend Häuser nicht ankäme. Als ob Wohnungsnot ein Fremdwort wäre. Dabei prägt sie das Leben Tausender Menschen in München.

Hartmannshofen ist ein weiteres Beispiel für missratene Wohnungspolitik der CSU-geführten Staatsregierung, die der Not vieler Menschen Hohn spricht. Vor Jahren hat der damalige Finanzminister Markus Söder die staatliche Wohnbaugesellschaft GBW an Privatinvestoren verkauft, seither steigen die Mieten dort enorm. Und in der Studentenstadt Freimann schaut der Freistaat zu, wie mehr als 1000 günstige Apartments des Studentenwerks über Jahre leer stehen. Sie müssen dringend saniert werden.

Jetzt also auch Hartmannshofen. Wobei, was heißt "jetzt"? Der Leerstand dort dauert oft seit Jahren an. Die Staatsregierung sollte sich endlich mit Zuständigen der Stadt München zusammensetzen und überlegen, wie man mit den alten Häusern umgeht in einem idyllischen Viertel voller alter Bäume, in dem nicht groß neu gebaut werden darf.

Keinesfalls sollte die öffentliche Hand weitere Grundstücke an Private verkaufen. Das würde dem Staat zwar viele Millionen bringen, aber jede Fläche, die er für immer aus der Hand gibt, ist ein Verlust an Gestaltungsmöglichkeit in der Zukunft. Als nächstes sollten die Verantwortlichen endlich sinnvolle Zwischennutzungen realisieren, da muss nicht alles top und modern sein. Warum nicht das ein oder andere Haus für die Jugendhilfe ertüchtigen?

Immerhin, die Behörden denken an Geflüchtete aus der Ukraine. Laut Bauministerium könnten sie zum Beispiel in ein Haus in der Waldhornstraße einziehen. Im vergangenen Jahr war es noch als mögliches Abbruchhaus auf der Leerstandsliste vermerkt, man dachte an Verkauf. Dieses Haus steht seit neun Jahren leer, auf einem Grundstück, das 3321 Quadratmeter groß ist. Ein Witz? Nein, staatliches Wohnraummanagement.

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