Süddeutsche Zeitung

Studentenfestival in München:Trompeten statt Pauken

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Vier Tage mit fast hundert Konzerten, "Affentheater", Weißbierseminar und Menschen-Kicker-Turnier - was das 33. StuStaCulum den 30 000 Gästen zu bieten hat.

Von Michael Zirnstein

Kalauernd könnte man sagen, das Uni-Leben besteht aus Lernen, Lehren - und Leeren, also zum Beispiel dem Leeren von Krügen. Den Eindruck könnte man zumindest bekommen, wenn man sich anschaut, was beim StuStaCulum geboten ist. Bei Deutschlands größtem studentisch organisierten Kulturfestival entstehen auf dem Areal der Studentenstadt Freimann diverse Bier-, Wein- und Cocktailzelte und -gärten. Allein schon Weizen-Freunde kommen auf ihre Kosten in einem Weißbierkarussell, auf einer Weißbierinsel und einer Verkostung, die einem "neue Weißbier-Dimensionen" nahebringen soll. Quasi ein Proseminar in Obergärung. Kein Wunder, dass Oberbürgermeister Dieter Reiter als Schirmherr da von "Freimanner Festwiesen" spricht.

Klar, das gehört alles dazu, aber natürlich ist das 33. Studentenstadt-Spectaculum viel mehr als Völlerei. Nämlich eines der entspanntesten, quirligsten Kultur- und Gesellschaftsereignisse der Stadt für etwa 30 000 Besucher an vier Tagen (Eintritt für alles: zwölf Euro). Dass die gerade im Renovierungsstau teilentleerte Studentenstadt eine Geisterstadt sei, wie oft behauptet wird, kann man zumindest in diesen Tagen nicht sagen. Erstmals ging das StuStaculum zum 25. Geburtstag der 2500 Akademiker fassenden Siedlung über die Bühne, mit damals zwölf Theatergruppen und zwei Bands.

Das Verhältnis hat sich umgedreht. Heute sind Konzerte die Mehrzahl der 100 Einzelveranstaltungen auf den vier Hauptbühnen im Atrium, im Festzelt, im und vor dem "Kade" und dem Café Dada. Und weil auch der traditionsreiche StuStaCulum-Kleinkunst-Wettbewerb "Die goldene Weißwurst" nach Corona abermals pausiert, ist nur eine einzige schauspielerische Darbietung zu sehen: das "Affentheater", in dem LMU-Studenten die Menschheit aus Sicht von Schimpansen begaffen und beurteilen (7.6., 20 Uhr). Die Musik dafür hat Anna Meid geschrieben, die auch bei einem Solo-Abend ihre Singer-Songwriter-Qualitäten zeigen will (8.6., 17.30 Uhr).

Überhaupt ist das Musikprogramm, anders als bei vielen Festivals, um einen hohen Anteil an Künstlerinnen bemüht. Zu hören sind etwa die weltenbummelnde, am Lee Strassberg Film & Theatre Institut in LA ausgebildete Soul-Pop-Sängerin Annika (7.6., 18.30 Uhr); die ehemalige Mode-Designerin Floss mit ihrem "Feminist Fantasy Pop" (7.6., 23 Uhr); und Friedem, die als Deutsch-Chinesin in Shanghai aufgewachsen ist und auch mit ihrem Vocal-Pop Kulturen zusammenbringen möchte (8.6., 17.30 Uhr).

Große Stars wird man nicht finden, aber schon ein paar etablierte Gruppen wie die Indie-Band Daysie Dreams (9.6., 20 Uhr), die Jazzband der TUM (9.6., 15.45 Uhr), die Lübecker "Smart'n'Sexy-Popper" Pudeldame um den Sänger und mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichneten Schauspieler Jonas Nay (die Band war etwa im Netflix-Film "Du Sie Er & Wir dabei; 10.6., 19.45 Uhr) und die Münchner Reggae-Techno-Balkan-Dreig'sang-Partycombo Oansno (9.6., 21.30 Uhr). Ansonsten ist es eh besser, sich durch die Studentenstadt treiben zu lassen und Entdeckungen zu machen, vielleicht diesmal Cloutboi Juli und Pink Stan, jenes laut Selbstauskunft "hyperaktive Möchtegern-Hip-Hop-Duo aus München, das man hassen wird, wenn man morgens gemütlich in der S-Bahn sitzt und einem der Shuffle-Modus den Song ,Multivitamin' aufs Ohr haut".

Musik ist nicht alles: Gäste auch jenseits des Studentenalters können sich beim neuen "Human-Kicker-Turnier" (9.6., 15 Uhr, am Sportplatz) oder beim Schafkopfturnier (8.6., 10 Uhr, im Festzelt) miteinander messen. Es gibt ein Weißwurstfrühstück am Samstag, Möglichkeiten zum Toben und Basteln für Kinder. Und an der durch die Welt reisende Textilkunstinstallation "El Campo Mi Manto", 2014 in Mexiko gestartet, kann jeder mitstricken, -häkeln und -nähen.

Organisiert wird das Festival ehrenamtlich von Hunderten Freiwilligen. Die Idee ist, dass sich die Studenten für die Gesellschaft engagieren und vernetzen, und dabei auch ausprobieren und lernen: nämlich professionelles Veranstaltungs-Managment. Das trifft übrigens auch auf die folgenden Studenten-Festivals in München zu: das Garnix auf dem Campus in Garching (19. - 23. Juni), das Tunix der TU (3. - 7. Juli) und das Uni-Sommerfest (7. Juli).

StuStaCulum, 7. - 10. Juni, Mi. 16 Uhr, Do. & Sa. 10 Uhr, Fr. 15 Uhr, Studentenstadt Freimann, www.stustaculum.de

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