Süddeutsche Zeitung

Religion:Die katholische Kirche muss sich tiefgreifend ändern

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Der Kirche fehlt Personal. Doch eine gute Werbekampagne allein wird das Problem nicht lösen.

Kommentar von Bernd Kastner

Der katholischen Kirche laufen die Mitglieder davon, Pfarrer will keiner mehr werden, und jetzt finden sie auch kaum mehr andere Mitarbeiter, die in der Seelsorge arbeiten. Wer deshalb in Häme verfällt, macht einen großen Fehler. So kritikwürdig vieles in der katholischen Kirche ist, etwa der Umgang mit Missbrauch, so wichtig ist sie für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Die Kirche, das sind viele Menschen, die sich für andere einsetzen. Wenn der Erzdiözese München und Freising die Mitarbeiter fehlen, ist das beunruhigend.

Gewiss, das Ordinariat beginnt gegenzusteuern. Man will etwa an den Hochschulen für sich werben: Schaut her, wir bieten euch einen sicheren, interessanten und wertorientierten Arbeitsplatz. Stimmt. Aber eine gute Werbekampagne reicht nicht, die Misere zu beheben.

Der katholischen Kirche als Institution haftet das Image an, von gestern zu sein. Es ist eine Institution, die sich auf den gütigen und gerechten Gott beruft, die es aber an zentralen Stellen nicht schafft, Menschen klug und gerecht zu behandeln. Die Hälfte der Menschen darf den wichtigsten Beruf der Kirche nicht ausüben. Frauen dürfen nicht Priester werden - weil sie Frauen sind. Und ist es notwendig, Pfarrern das Heiraten zu verbieten? Nur zaghaft fängt die katholische Kirche an zu diskutieren, ob sie den Zölibat lockern soll. Ihn abschaffen? "Da bin ich nicht dabei", sagt Kardinal Marx.

Würde die katholische Kirche ihren Pfarrern das Heiraten erlauben, würde sie Frauen in den Priesterberuf lassen und ihnen signalisieren, dass sie gleichberechtigt sind, hätte sie nicht nur mehr potenzielle Mitarbeiter. Ihr Image wäre moderner, das Arbeiten in der Seelsorge wäre attraktiver. Gut und wichtig wäre das. Nicht, weil sie im Ordinariat dann weniger Lücken im Stellenplan hätten, sondern weil die Gesellschaft profitieren würde. Die braucht dringend Menschen, die sich gut um andere kümmern und dem wachsenden Egoismus und Hass Empathie entgegensetzen. Solche Menschenfreunde findet man in den Pfarreien.

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SZ vom 10.02.2020
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