Süddeutsche Zeitung

München/Dachau:3000 Arbeitsplätze am MAN-Standort München in Gefahr

Lesezeit: 2 min

Proteste begleiten die Verhandlungen zum Stellenabbau. Der Konzern will die Zentrale und einen Teil der Produktion ins Ausland verlagern

Von Anita Naujokat, München/Dachau

Beim Protest gegen den geplanten Stellenabbau bei MAN hat jetzt die Münchner Belegschaft Rückenwind aus dem Kabinett bekommen. Zum Auftakt der Verhandlungsrunde zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über die Zukunft des Münchner Werks an der Dachauer Straße hat Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) am Mittwoch den Beschäftigten seine Solidarität versichert und die Politik in die Pflicht genommen. Die Angst und Sorge um ihre Existenz hat aber auch er ihnen nicht nehmen können. 3000 Stamm-Mitarbeiter von fast 9200 Beschäftigten, 2200 leben im benachbarten Landkreis Dachau, wolle der Konzern in München entlassen und einen Großteil der Produktion und die Zentrale ins Ausland verlagern, sagte der Konzern-Betriebsratsvorsitzende Saki Stimoniaris.

Vor dem Hauptwerk hatten sich begleitend zur Verhandlungsrunde Funktionäre, Vertrauenskörper der IG Metall, Betriebsräte und vor allem viele Auszubildende versammelt. Denn auch bei ihnen sei das Unternehmen nicht mehr bereit, sie nach erfolgreicher Ausbildung zu übernehmen. "Das ist ein voller Schlag ins Gesicht", sagte Stimoniaris. Die jungen Menschen hielten Banner mit dem Ausspruch "Keine Purge mit uns" hoch, in Anlehnung an den Film "The Purge - Die Säuberung", in dem eine Nacht lang alles erlaubt ist und keine Gesetze mehr gelten. "Genau das passiert hier gerade", sagte die Jugend- und Auszubildendenvertreterin Bilge Alpaslan.

Aiwanger sagte, dass auch die Politik der Wirtschaft diese Suppe eingebrockt habe. Man könne nicht immer nur neue Verordnungen etwa zu Abgaswerten und mehr ökologischen Antrieben auf der Straße einbringen, und parallel keine Maßnahmen ergreifen, um diese erfüllen zu können. Es brauche Milliarden Euro für Forschungsprogramme, die Wasserstoffproduktion und Anreize wie ein Flottenaustauschprogramm, damit Fuhrunternehmen sich auch Lastwagen und Busse mit moderner Technik leisten könnten. "Sonst ist das ein Selbstmord mit Ansage." Der Konzernbetriebsrat steht mit Aiwanger in einem regen Austausch. Dies sei bereits der dritte Termin mit dem bayerischen Wirtschaftsminister, verlautete aus dem Betriebsratsbüro. Roberto Armellini, Zweiter Bevollmächtigter der Verwaltungsstelle der IG Metall München, sagte, der Kampf sei richtig, auch aus Sicht der Politik, und müsse jetzt gemeinsam mit ihr geführt werden. "Wir brauchen eine Zukunft für MAN und für die Mitarbeiter." Man werde sich auf keine faulen Kompromisse einlassen und sich nicht in die Knie zwingen lassen. Der Konzern wolle die Krise vor Corona und nach Corona auf den Rücken seiner Arbeitnehmer austragen.

Für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer waren es am Mittwoch bei nun insgesamt fünf Verhandlungsrunden die erste für den Standort München. Die draußen versammelten Gewerkschafter und Betriebsräte kündigten an, auch vor härteren Maßnahmen nicht zurückzuschrecken. Als nächstes könnten Warnstreiks und ein richtiger Ausstand folgen.

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Quelle:
SZ vom 29.10.2020
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