Süddeutsche Zeitung

Conchita Wurst beim CSD:"Wir san hier, wir werden weiter existieren"

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Zum Finale des Christopher Street Day macht Conchita Wurst dem Publikum Mut, dass ein jeder und eine jede lieben soll, wie er oder sie mag. Es gibt auch Berichte von einzelnen Übergriffen rund um Parade und Straßenfest.

Von Sabine Buchwald

Bei niemandem klingt der Dialekt der österreichischen Nachbarn so sexy wie bei Conchita Wurst alias Tom Neuwirth. In einer Glitzerhose und mit einem kurzen Glitzernetzhemd über der Brust, die braunen Haare wild verstrubbelt, das Markenzeichen, der Vollbart, dicht ums Kinn gestrickt, springt die Diva aus Oberösterreich am Sonntagabend auf die Bühne am Marienplatz.

Der Eurovision-Song-Contest-Gewinner von 2014 ist der Hauptakt und Abschluss des Christopher Street Day (CSD). Mehrere Tausend Menschen stehen dicht gedrängt auf Münchens Rathausplatz. Sie haben auf Neuwirth gewartet.

Tausende Augen sind auf ihn gerichtet, und der Sänger hat die goldene Muttergottes auf dem Marienplatz vor Augen. "Dirty Maria, please let me go. You know my weakness is the bleakness without you", singt Neuwirth. Meine Schwäche ist die Trostlosigkeit ohne dich. Ist das Blasphemie an diesem Ort? Wohl eher ein bemerkenswerter Zufall.

Der Song "Dirty Maria" ist ein Liebeslied, und das Thema Liebe ist ein großes an diesem Abend, überhaupt beim CSD. Es geht um Liebe, die gelebt werden will, egal wie und zwischen wem, solange sie einvernehmlich ist. Fast zehn Jahre sei es her, sagt Neuwirth, dass er beim ESC in Kopenhagen mit "Rise like a Phoenix" gewonnen hat. Im engen Kleid mit Bart und Langhaar wurde die Kunstfigur Conchita Wurst zum Rollenvorbild.

Für die Community sei es eine Zeit lang ganz okay gewesen, ruft er ins Mikro. "Aber jetzt werd's wieder Oarsch." Und dann spricht er seinem Publikum Mut zu: "Wir san hier, wir werden weiter existieren. Fucking unstoppable!"

Noch nie feierten so viele Menschen auf einem Münchner CSD wie an diesem Wochenende. 520 000 waren es am Samstag, das ist Rekord. Am Sonntag kamen noch mal mehr als 10 000 in die Innenstadt, um etwa johlend am Nachmittag das halsbrecherische Pumps-Race anzuschauen und Musik-Acts wie der Münchner Damien Prince, die Drag-Künstlerin Pandora Knox und eben Conchita Wurst.

Die Polizei berichtete am Montag aber auch von einem Übergriff am CSD-Wochenende. Ein 17-Jähriger aus dem Landkreis Augsburg sowie ein 21-Jähriger aus München seien am Samstagabend von einer Unbekannten am Hauptbahnhof "mit LGBT-feindlichen Inhalten beleidigt" worden. Als der 17-Jährige sich wehrte, sei er von der Frau zudem körperlich angegangen worden. Ein männlicher Begleiter der Unbekannten habe die Männer beleidigt und bedroht.

Auf Instagram schreibt zudem ein Drag-Performer, nach dem Auftritt von Männern verfolgt und beleidigt worden zu sein. Der Künstler schreibt von seiner Wut, Angst haben zu müssen, nur weil man sich "queer" verhalte und von der Norm abweichend gekleidet sei. Auf den Kanälen des Münchner CSD sind zahlreiche Kotz-Emojis zu finden.

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