Süddeutsche Zeitung

Coronaregel-Wirrwarr:Es geht um mehr als einzelne Tage

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In die Freude über die in Aussicht gestellten Lockerungen mischt sich oft die Unsicherheit, was wann möglich ist. Das als kleines Kommunikationsversäumnis abzutun, ist unklug.

Kommentar von René Hofmann

Die Pandemie ist nun schon so lange in der Stadt und im Land, dass sich Routine eingespielt haben sollte, wie die wiederkehrenden Schließungen und Lockerungen laufen. Die aber fehlt immer noch. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat am Montag zu erklären versucht, wieso es so lange dauerte, bis klar war, dass die Biergärten in München erst an diesem Mittwoch öffnen dürfen, am dann achten Tag in Serie mit einem Inzidenzwert von unter 100. Die Antwort dauerte fast eine Minute.

Holetschek sprach von einer "Matrix" zwischen Bundes- und Landesrecht und einer dann noch nötigen Allgemeinverfügung des jeweiligen Landkreises; zudem verwies er auf "Rahmenhygienekonzepte", die in allen Ministerien sorgsam ausgearbeitet worden seien. Seine Conclusio: Alles glasklar geregelt, alles sauber herbeientschieden - nur in der Kommunikation sei "vielleicht das ein oder andere nicht so angekommen".

Die Einschätzung deckt sich nicht ganz mit dem, was sich in den vergangenen Tagen erleben ließ. Wirte, die rätselten, wann sie in den Schanigärten servieren dürfen. Montag? Dienstag? Mittwoch! Freizeitathleten, die grübelten, wann sie sich wieder zum Sporteln verabreden dürfen. Familien, die hochrechneten, wo sie wie in einem größeren Kreis mit anderen zusammenkommen können. In die Freude über die in Aussicht gestellten Lockerungen mischte sich oft die Unsicherheit, wie diese genau aussehen würden. Dies als kleines Kommunikationsversäumnis abzutun, ist unklug.

Regeln sollten klar und nachvollziehbar sein. Je weniger sie es sind, desto leichter keimt die Saat des Zweifels, die manche bewusst säen. Bei der Frage, ab wann wegen der Corona-Entwicklung was gilt, geht es um mehr als um Di. oder Mi. Es geht um eine grundsätzliche unmittelbare Erfahrung, die jeder Bürger mit dem Staat macht. Gerade weil daran so viele Ebenen - Bund, Land, Stadt - beteiligt sind, sollten sich auf jeder Ebene alle Politiker dies stets gewahr sein.

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Quelle:
SZ vom 11.05.2021
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