Süddeutsche Zeitung

IAA in München:Messe mit Zaungästen

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Bei der Internationalen Automobilausstellung gelten strenge Vorschriften, sie könnte zum Vorbild für andere Schauen in Pandemie-Zeiten werden. Eine Woche vor dem Start hoffen die Veranstalter auf friedliche Proteste und kündigen an, der Stadt Bleibendes zu hinterlassen.

Von Andreas Schubert, München

Für Autofans sind es vermutlich viel zu wenige Autos, die auf der Internationalen Automobilausstellung IAA zu sehen sein werden. Kritiker dagegen werden erst zufrieden sein, wenn überhaupt keine Autos mehr ausgestellt werden. So hat Münchens Messe-Chef Klaus Dittrich am Montag bei der Auftakt-Pressekonferenz zur IAA Mobility die Befindlichkeiten zusammengefasst. Am Dienstag, 7. September, wird Bundeskanzlerin Angela Merkel die große Mobilitätsschau eröffnen, an der mehr als 700 Aussteller teilnehmen. 100 Weltpremieren versprechen die Macher der Messe.

Angesichts der zu erwartenden Proteste beschwor Messechef Klaus Dittrich bei der Auftaktrunde am Montag den friedlichen Dialog. Die Kritiker werfen der Ausstellung vor, sich nur einen grünen Anstrich zu verpassen, aber nicht wirklich für die Verkehrswende zu stehen. Vor zwei Jahren hatten Aktivisten der Gruppe "Sand im Getriebe" unter anderem den Eingang des Ausstellungsgeländes in Frankfurt blockiert.

Auch dieses Jahr sind Proteste angekündigt, auch eine große Demonstration gegen die IAA samt Fahrradsternfahrt soll es am 11. September geben. Eine "offen geführte, kontroverse und vor allem friedliche Debatte" sei "eine zentrale Komponente" der IAA Mobility, sagte Dittrich.

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) sagte, sie freue sich auf die Debatte, "gerade auch, weil wir Menschen mit ganz unterschiedlichen Standpunkten erwarten". Dass unter Umständen auch Sabotageakte und gewalttätige Proteste von militanten Klimaschützern stattfinden könnten, darauf ist die Polizei vorbereitet. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat bereits angekündigt, die Polizei werde zum Schutz der Messe mit bis zu 4500 Beamten in München präsent sein.

Nach rückläufigen Besucherzahlen in Frankfurt und Protesten hat der VDA zusammen mit der Messe München ein neues Konzept erarbeitet. Diesmal soll es um zukunftsfähige Mobilität im Allgemeinen gehen. "Mobilität ist eines der zentralen Themen der Gesellschaft", sagte Müller. "Die IAA Mobility findet statt, weil die Menschen überall auf der Welt nach besseren Lösungen für ihre Mobilitätsbedürfnisse suchen und die Unternehmen dafür viele neue Lösungen entwickelt haben, die sie international präsentieren wollen." Vorschläge auf dem Weg zur Klimaneutralität stünden dabei im Mittelpunkt, so die VDA-Chefin.

Die IAA ist die erste große internationale Messe in Deutschland seit Beginn der Corona-Pandemie

So sind unter den Ausstellern auch 70 Hersteller von Fahrrädern, sowie Start-ups und IT-Firmen, die für die Digitalisierung der Mobilität stehen. Die Elektromobilität nimmt ebenso eine große Rolle ein, auch wenn nach wie vor Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren auf der Messe präsentiert werden. Müller betonte, dass das Auto für viele Menschen nach wie vor das wichtigste Verkehrsmittel sei. Die Mobilitätsbedürfnisse von Menschen in der Stadt und auf dem Land unterschieden sich deutlich.

Messechef Dittrich sieht in der IAA die Chance, dass München zum "globalen Zentrum für die Mobilität der Zukunft" werden könnte. Die IAA ist die erste große internationale Messe in Deutschland seit Beginn der Corona-Pandemie und könnte laut Dittrich als Vorbild dafür dienen, wie man in Pandemie-Zeiten eine Messe veranstaltet. Die IAA werde Bleibendes hinterlassen, warb Dittrich. So eröffnet der Energiekonzern EnBW zum Messestart einen Schnellladepark mit 20 Ladestationen für E-Autos im Unterhachinger Gewerbegebiet. Ebenso nehmen die Mobilfunkanbieter Telekom, Vodafone und Telefónica/O2 in Zusammenarbeit mit der Messe München sowohl auf dem Messegelände als auch in der Stadt ein neues öffentliches 5G-Netz in Betrieb.

Wie viele Besucher insgesamt zur neuen IAA Mobility kommen werden, lässt sich schwer abschätzen. Bereits verkauft sei eine sechsstellige Zahl an Tickets, erklärte Hildegard Müller. Zum Vergleich: Zur IAA in Frankfurt 2019 kamen mehr als eine halbe Million. Diesmal ist die Zahl der Besucher wegen Corona auf dem Messegelände auf 50 000 am Tag begrenzt, auf den sogenannten Open Spaces, den Ausstellungsflächen in der Innenstadt, sind es maximal 30 000 Besucher.

Laut Dittrich müssen wegen der Corona-Auflagen die Flächen auf den Plätzen eingezäunt werden, um die Besucherzahl überhaupt regulieren zu können. Auch gilt auf den Ausstellungsflächen neben dem Abstandsgebot eine Maskenpflicht sowie die 3G-Regel - also nur Genesene, Geimpfte oder Getestete dürfen zur IAA, das gilt auch für die Open Spaces. Der Test darf nicht älter als 24 Stunden sein.

Der sogenannte Summit auf dem Messegelände steht privaten Besuchern vom Freitag, 10. September, 14 Uhr an, offen. Vorher ist dort nur Fachpublikum zugelassen. Die Open Spaces öffnen am Dienstag, 7. September, um 14 Uhr und sind dann bis zum 12. September jeweils von 10 bis 20 Uhr ohne Eintritt zugänglich. Wer aber Probefahrten mit der IAA-App buchen will, benötigt dennoch ein Ticket.

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Quelle:
SZ vom 31.08.2021
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