Süddeutsche Zeitung

Corona in München:Lehren aus der Pandemie

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Der Gesundheitsbeirat hat die Auswirkungen von Corona und die besonderen Herausforderungen einer Großstadt wie München analysiert. Herausgekommen sind auch Vorschläge, was man in Zukunft besser machen könnte.

Von Nicole Graner

Eine "nie da gewesene Herausforderung": So nennt der Gesundheitsbeirat die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf das Münchner Gesundheitswesen. In einem Positionspapier, das das Gremium dem städtischen Gesundheitsausschuss vorgelegt hat, werden die Corona-Maßnahmen analysiert, die in der Stadt umgesetzt worden sind, und Vorschläge unterbreitet, wie man es künftig besser machen kann.

Die Pandemie habe gezeigt, wo "Risiken und Chancen in der Gesundheitsversorgung Münchens bestehen", erklärt Susanne Herrmann, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Gesundheitsbeirats. Aus diesen Erfahrungen wolle man lernen. Das Gremium, das die Stadt in allen Fragen des Gesundheitswesens berät, hat die Auswirkungen der Pandemie bis zum Frühjahr 2022 dokumentiert und dann alle Erfahrungen zusammengefasst - als eine "Diskussionsgrundlage" für die Münchner Fachöffentlichkeit, so Herrmann.

Einige Herausforderungen seien "großstadtspezifisch". So müssen in München insgesamt 52 Kliniken koordiniert werden, darunter vier Krankenhäuser mit Maximalversorgung und zwei Hochschulkliniken. Noch im April seien allein in München "so viele Corona-Intensivfälle versorgt worden wie in ganz Oberbayern zusammen".

Weitere Besonderheiten Münchens kämen hinzu: Der Flughafen und die Nähe zur Grenze führten zu einer "hohen Anzahl" von Reisebewegungen. Großveranstaltungen wie die Fußball-Europameisterschaft, die im Sommer 2021 unter anderem in München stattfand, und die Internationale Automobilausstellung sowie zahlreiche Demonstrationen und Versammlungen machten die Eindämmung des Virus nicht leichter.

Besonders bei Kindern und Jugendlichen hat die Pandemie Spuren hinterlassen

Die Pandemie habe Spuren hinterlassen, "die uns alle betreffen: gesundheitlich, gesellschaftlich und wirtschaftlich", sagt die Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) - Spuren wie Vereinsamung, Rückfälle bei Suchterkrankungen und besonders Depressionen und Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen. 25 Prozent der Säuglinge, so steht es im Positionspapier, haben außerdem "mehr Schlafprobleme". Die Bindung zwischen Kindern und Eltern habe in vielen Fällen an Stabilität verloren, die Versorgung von Kindern mit tiefgreifenden Entwicklungsstörungen und geistigen Behinderungen habe sich "verschlechtert".

Das Positionspapier zählt Maßnahmen auf, was man bei künftigen Pandemien besser machen könnte. Die Politik werde ermuntert, "Änderungen mit Relevanz für das Gesundheitswesen frühzeitig zu kommunizieren" - eine Kritik, die sich an die Bundesregierung richtet. Zudem sei die Übermittlung von medizinischen Daten oft unstrukturiert gewesen, hier fordert der Beirat eine "klare" Linie sowie eine stärkere Digitalisierung.

Außerdem wünscht sich das Gremium Konzepte für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit im Bereich Kinderschutz. Gerade für Jugendliche sei der Ausbau von "aufsuchenden Angeboten der Sozialdienste" wichtig, so könne die Jugendhilfe auch in Krisenzeiten aufrechterhalten werden. Gefordert werden zudem Präventionsprojekte in den Bereichen Gewalt, Mobbing und psychische Belastungen.

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