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Corona-Impfungen:Wann bin ich an der Reihe?

Lesezeit: 3 min

Von diesem Donnerstag an gilt bei den Hausärzten in Bayern keine Priorisierung mehr. In das Warten auf die Corona-Impfung mischen sich viele Fragen und auch Sorgen. Denn für Erst-Immunisierungen ist der Impfstoff gerade knapp geworden.

Von Ekaterina Kel, München

Mehr als 38 Prozent der Münchner haben bereits die erste Corona-Impfung erhalten. Alle, die noch nicht dazu gehören, fragen sich, wann sie an die Reihe kommen. Zusätzlich wird die Geduld durch verschiedene Nachrichten wie die Aufhebung der Priorisierung, den möglichen Mangel an Erstimpfungen oder die Ankündigung einer Sonderimpfaktion an einem Gymnasium in Planegg auf die Probe gestellt. Oder muss man einfach Glück haben, den richtigen Arzt zu kennen? Ein paar Antworten auf drängende Fragen.

Wer impft und wer kann geimpft werden?

Entweder man meldet sich über das Impfportal Bayimco (https://impfzentren.bayern) an und wartet auf eine Einladung mit Terminvorschlägen. Hier gilt noch bis zum 7. Juni die Priorisierung der Ständigen Impfkommission. Oder man lässt sich bei einer Haus- oder Facharztpraxis auf eine Warteliste setzen, hier gilt von diesem Donnerstag an keine Priorisierung mehr. Die meisten Ärzte führen jedoch Listen mit vulnerablen Patienten, klagen aber auch darüber, dass viele sich nicht mit dem Impfstoff von Astra Zeneca impfen lassen wollen. Manche Ärzte bieten unter anderem deshalb die Möglichkeit zur Online-Anmeldung für Impftermine für alle - auch für Patienten, die nicht in ihrer Praxis sind.

Wie kommen die Praxen an den Impfstoff?

Grundsätzlich wird zuerst das Impfzentrum beliefert. Was übrig bleibt, geht an den pharmazeutischen Großhandel und von da an die Apotheken in den Stadtvierteln, die jeweils einige Praxen beliefern, mit denen sie kooperieren. Da die Lieferungen erst sehr kurzfristig kommen, können die Ärzte immer nur Woche für Woche bestellen - daher vergeben die Ärzte auch die Termine für Erstimpfungen immer nur Woche für Woche. "Das erschwert das Handling der Impfungen für die Praxen enorm", sagt ein Sprecher der Kassenärztliche Vereinigung Bayerns. Der Bayerische Hausärzteverband fordert deshalb schon seit Längerem mehr Planbarkeit in der Corona-Impfkampagne und prioritären Zugriff auf die Impfstoffe für Hausärzte.

Wie läuft der Bestellvorgang genau ab?

Die Ärzte müssen bei den Apotheken immer jeweils an einem Dienstag bis mittags für die Woche drauf bestellen. Beispielsweise am Dienstag, 18. Mai, für die Woche vom 25. bis 30. Mai. Die Ärzte müssen auf dem Arzneimittelrezept den Impfstoffnamen und die jeweilige Anzahl der Dosen angeben und zudem aufführen, wie viele davon für Zweitimpfungen sind. Die Apotheken wiederum geben das an den Großhandel weiter, bekommen in den Tagen drauf die Rückmeldung, wie viele Dosen es tatsächlich werden, und kommunizieren es daraufhin an die Ärzte. Die Lieferung kommt dann normalerweise an dem Montag drauf. Im Moment sei nur die Anzahl der Dosen für die Zweitimpfungen sicher, sagt Peter Sandmann, Münchner Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands.

Gibt es Obergrenzen?

Die Vorgaben macht das Bundesgesundheitsministerium. Der Impfstoff von Biontech und Pfizer soll gerade hauptsächlich für Zweitimpfungen verwendet werden, die Anzahl der Dosen richtet sich hier also nach der Anzahl der bereits durchgeführten Erstimpfungen. Für neue Erstimpfungen gibt es für kommende Woche maximal zwei Vials (je sechs bis sieben Dosen) pro Arzt. Für den Impfstoff von Astra Zeneca gibt es keine Obergrenze. Allerdings ist wegen hoher Nachfrage auch hier nur mit ein bis zwei Vials von Astra Zeneca (je zehn bis elf Dosen) pro Arzt für kommende Woche zu rechnen, teilt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit. Bei Johnson & Johnson gibt es noch keine Erfahrungswerte, er wird zum ersten Mal kommende Woche an die Ärzte ausgeliefert. Jedoch sind laut KBV zwei bis drei Vials (je fünf Dosen) pro Arzt realistisch.

Wie viel Impfstoff steht einer Praxis zu?

Es gibt keine Garantie, dass die gewünschte Menge auch tatsächlich geliefert wird. Bisher seien beispielsweise von Biontech und Pfizer pro Woche maximal 36 Dosen an eine Praxis gegangen. Er habe stets Kürzungen mitgeteilt bekommen, sagt Peter Sandmann vom Apothekerverband. Andererseits kann auch nicht unendlich viel verimpft werden. Man müsse bedenken, dass der organisatorische und bürokratische Aufwand relativ hoch sei, so Sandmann. Viele kleinere Praxen könnten die Impfungen neben ihrem laufenden Betrieb kaum stemmen und veranstalten deshalb in ihren sprechstundenfreien Zeiten extra Impfaktionen oder schließen die Praxis dafür.

Wieso haben manche Praxen mehr und andere weniger?

Die Bestellung wird pro Arzt, nicht pro Praxis aufgegeben. Das heißt, eine große Gemeinschaftspraxis mit mehreren Ärzten hat Zugriff auf mehr Dosen. Die Apotheken achteten außerdem bei der Verteilung darauf, welche Praxen bereits in den Jahren zuvor viel geimpft haben, beispielsweise gegen Grippe, sagt Sandmann.

Werden überhaupt noch Erstimpfungen gemacht?

Der Fokus wird jetzt immer mehr auf Zweitimpfungen liegen - wohl auch, weil viele Menschen unter 60 Jahren sich nach einer ersten Astra-Zeneca-Impfung für eine zweite Impfung mit einem mRNA-Vakzin entscheiden werden; dadurch wird der Impfstoff von Biontech/Pfizer für Erstimpflinge noch knapper. Am Dienstag hieß es aus den Landratsämtern in Bayreuth und Bamberg, man sei angewiesen worden, die Erstimpfungen mit mRNA-Vakzinen zu stoppen und nur noch Zweitimpfungen durchzuführen. Das Gesundheitsministerium widersprach: Es sei lediglich über die hohe Anzahl der nun nötigen Zweitimpfungen informiert worden.

Stockt jetzt die Impfkampagne?

Das hängt von den Liefermengen ab. Für Juni hat der Bund wöchentlich mehr als fünf Millionen Impfstoffdosen für Haus- und Fachärzte angekündigt. Zum Vergleich: In der letzten Maiwoche erhalten die Ärzte rund 2,7 Millionen Dosen. Ab dem 7. Juni sollen zudem die Betriebsärzte und die Privatärzte einsteigen.

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Quelle:
SZ vom 20.05.2021
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