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Bundestagswahl 2021:Der Kampf um die Münchner Direktmandate hat längst begonnen

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Gewählt wird zwar erst in mehr als einem Jahr, doch die Münchner Abgeordneten absolvieren schon den ersten Teil des Wahlkampf-Marathons. Dazu positionieren sich neue Bewerber, die prominenteste wohl bei den Grünen.

Von Heiner Effern, München

Die Politik kämpft gerade auf allen Ebenen darum, das Land in Zeiten einer Pandemie zukunftssicher zu machen. Die Abgeordneten im Bundestag müssen sich aber gerade auch Gedanken machen, wie es mit ihnen persönlich weitergeht. Die nächste Wahl im Herbst 2021 ist für die Bürger noch weit entfernt, doch in den Parteien läuft das Rennen um die begehrten Mandate bereits an. Bei den 14 Münchner Abgeordneten ist von Amtsmüdigkeit dabei nichts zu spüren: Es sieht so aus, als ob alle wieder antreten wollen. Vier kommen derzeit von der CSU, drei von der FDP, zwei von der SPD, den Grünen und der AfD und eine von der Linken. Dazu positionieren sich neue Bewerber, die prominenteste wohl bei den Grünen: Jamila Schäfer, die stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei, will für das Direktmandat im Münchner Süden kandidieren.

Für die alten und neuen Bewerber um den Einzug in den Bundestag beginnt in diesem Sommer ein Marathon. Wer als Direktkandidat antreten will, muss sich zuerst in den Aufstellungsversammlungen seiner Partei in den vier Münchner Bundeswahlkreisen durchsetzen. Danach müssen die Münchner versuchen, auf ihrer jeweiligen Landesliste einen Platz möglichst weit vorne zu ergattern. Der sichert sie ab, wenn sie das Direktmandat nicht holen sollten. Das galt bei der letzten Wahl für alle außer den CSU-Bewerbern, die alle vier Kreise gewannen. Danach beginnt erst der nach außen hin sichtbare Wahlkampf bis in den Herbst 2021 hinein.

Davon lässt sich Jamila Schäfer nicht abschrecken. Zweieinhalb Jahre arbeitet die 27 Jahre alte Soziologin professionell auf Parteiebene, nun will sie Konzepte und Ideen auch direkt als Abgeordnete umsetzen. "Man ist näher dran, wenn man selbst in den Ausschüssen sitzt", sagt sie. Einbringen will sich Schäfer im Bundestag vor allem bei der internationalen Politik, nach dem Motto: "Global denken, lokal handeln." Die großen Probleme wie der Klimawandel oder die Corona-Pandemie müssten gemeinsam auf allen Ebenen angegangen werden, von den Kommunen bis zur internationalen Zusammenarbeit. "Krisenfestigkeit herstellen", nennt Schäfer das.

Sie gehört zu den neuen Bewerbern, die vor dem offiziellen Wahlkampf den parteiinternen meistern müssen. Schäfer hat bereits eine Biergartentour mit Mitgliedern gestartet und macht interne Veranstaltungen, bei denen sie auch ihre Berliner Beziehungen nutzt. Auf einer wird zum Beispiel Toni Hofreiter auftreten, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Ihr Konkurrent Peter Heilrath, der 2017 im Süden vergeblich kandidierte, ist auch schon in eigener Sache unterwegs, etwa auf Spaziergängen mit Parteikollegen. Er will sich von der Bundespräsenz von Schäfer nicht beeindrucken lassen, präsentiert sich ganz bewusst als "der München-Süd-Kandidat". Der Wettstreit sei offen, wenn er ihn gewinne, wolle er im Süden dem CSU-Abgeordneten Michael Kuffer das Direktmandat streitig machen, sagt Heilrath. "Das ist das erklärte Ziel." Der Rechtsanwalt und Filmproduzent hat aber mit seiner Konkurrentin auch eine Gemeinsamkeit: Beide brennen sie für die internationale Politik.

Wer die Wahl hat: Während sich die Grünen im Münchner Süden wohl zwischen Jamila Schäfer und...

...Peter Heilrath entscheiden müssen, gelten die erneuten Nominierungen von Folgenden durch ihre Parteien als sicher.

Michael Kuffler (CSU).

Claudia Tausend (SPD).

Margarete Bause (Grüne).

Daniel Föst (FDP).

Wolfgang Wiehle (AfD).

Sowie Nicole Gohlke (Linke).

Im Münchner Norden ist bei den Grünen auch noch keine Vorentscheidung gefallen. Dort erwartet man, dass die frühere Abgeordnete Doris Wagner und Maria Wißmüller bei der Aufstellungsversammlung gegeneinander antreten werden. Im Westen und im Osten sind für Dieter Janecek und Margarete Bause keine gefährlichen Widersacher in Sicht.

Die CSU hat ihren Generationenwechsel bereits bei der Wahl 2017 hinter sich gebracht. Drei der vier Kandidaten waren damals neu, alle drei wollen wieder als Direktbewerber antreten: Bernhard Loos im Norden, Stephan Pilsinger im Westen und Michael Kuffer im Süden. Wolfgang Stefinger im Osten wird sich um eine dritte Amtszeit bewerben. Der Münchner Parteichef Ludwig Spaenle hält das Quartett für gesetzt. "Alle haben in ihrem politischen Bereich Akzente gesetzt", sagt er im Rückblick. Den genauen Fahrplan wird der Bezirksvorstand im September beschließen.

Traditionell früh in die Suche nach den Kandidaten ist die SPD eingestiegen. Dort haben bereits viele Ortsvereine Delegierte für Aufstellungsversammlungen gewählt. Für Aufsehen gesorgt hatte der Wahlkreis Nord, in dem zwei Herausforderer gegen den Abgeordneten Florian Post antreten: Philippa Sigl-Glöckner und Bernhard Goodwin. Dort gab es tatsächlich schon Wahlkampf, im Moment sieht es so aus, als ob Post sich wieder durchsetzen könnte. Auch Parteichefin Claudia Tausend wird auf ihrer Aufstellungsversammlung im Osten einen Gegenkandidaten bekommen: Jürgen Fernengel, Ortsvorsitzender in der Au. Im Süden läuft alles auf den Juristen Sebastian Roloff hinaus, im Westen scheint die Krankenschwester Seija Knorr-Köning ohne Konkurrenz zu bleiben.

Wenig Sorgen um ihre Kandidatur müssen sich wohl die jetzigen Abgeordneten der FDP, der AFD und der Linken machen. Bei den Liberalen bewerben sich der Landesvorsitzende Daniel Föst, Generalsekretär Lukas Köhler und Thomas Sattelberger. Bei der AfD werden Petr Bystron und Wolfgang Wiehle wohl wieder antreten. Und die Linken-Abgeordnete Nicole Gohlke ist seit Jahren das einzige bundespolitische Gesicht ihrer Partei aus München. "Ich will wieder antreten", sagt sie.

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SZ vom 12.08.2020
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