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Karlsruhe:BGH kippt Urteil im Fall des Wolfsmasken-Vergewaltigers in Teilen

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Im Sommer 2019 verging sich Christoph K. an einer Elfjährigen in München. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Doch der Bundesgerichtshof sieht nun Fehler in dem Urteil.

Von Susi Wimmer

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat das Urteil im Fall des so genannten Wolfsmasken-Vergewaltigers zum Teil gekippt und zur neuen Verhandlung an eine Jugendschutzkammer am Landgericht München I rückverwiesen. Dass der heute 46-Jährige mit einer Wolfsmaske über dem Kopf im Sommer 2019 in München eine Elfjährige vergewaltigt hatte, daran ließ auch der 1. Strafsenat in Karlsruhe keine Zweifel.

Dem Senat ging es bei der Aufhebung viel mehr um den Rechtsfolgenausspruch, also das Strafmaß: Christoph K. war in erster Instanz zu zwölf Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Hier bemängelte der BGH, dass bei der Bemessung der Strafhöhe die Strafkammer im schriftlichen Urteil nicht berücksichtigt hatte, dass sie zugleich Sicherungsverwahrung angeordnet hatte.

Der Fall hatte im Sommer 2019 in München für helle Aufregung gesorgt, vor allem bei den Eltern, die in der so genannten Ami-Siedlung in Obergiesing wohnten: Am helllichten Tag hatte ein Unbekannter dort in einer Grünanlage ein elfjähriges Mädchen überfallen und vergewaltigt. Dabei trug er eine Horror-Wolfsmaske und weiße Latexhandschuhe.

Die Polizei fahndete fieberhaft nach dem Täter, und keine 48 Stunden später wurde Christoph K. gefasst. Der Mann war zuletzt im Jahr 2010 wegen Kindesmissbrauchs zu vier Jahren und elf Monaten Haft verurteilt worden. Das Gericht ordnete seine Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik an. Dort blieb er für neun Jahre, bis mehrere Ärzte ihm in einem Gutachten attestierten, dass er nun in einer therapeutischen Wohngemeinschaft leben könne. Zwar stand er dort nach wie vor unter Aufsicht - jedoch nicht rund um die Uhr.

War das Strafmaß angemessen? Damit muss sich das Gericht nun beschäftigen

In dem Prozess vor dem Landgericht München I räumte K. die Tat weitgehend ein, um dem Mädchen und seinen Eltern eine Aussage vor Gericht zu ersparen, erklärte damals sein Verteidiger Adam Ahmed. Er hatte auf eine verminderte Schuldfähigkeit seines Mandanten im Plädoyer abgezielt, jedoch war das Gericht anderer Meinung. Es verurteilte Christoph K. zu einer Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung. Das heißt, dass nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe überprüft wird, ob jemand für die Allgemeinheit noch eine Gefahr darstellt. Wenn ja, bleibt er in Haft und die anschließende Sicherungsverwahrung greift. Wenn nein, kann er entlassen werden.

Zwölf Jahre Freiheitsstrafe hatte das Landgericht München I verhängt mit anschließender Sicherungsverwahrung. Hier monierte der BGH, dass die Freiheitsstrafe auch geringer hätte ausfallen können, zumal ja auch eine Sicherungsverwahrung ausgesprochen worden sei. Die Höhe der Freiheitsstrafe in Bezug zur Sicherungsverwahrung sei im Urteil nicht erkennbar abgewogen worden.

Was juristisch kompliziert klingt, bedeutet in der Praxis, dass sich eine andere Kammer nochmal mit den Rechtsfolgen auseinandersetzen muss. Es wird keine neue Beweisaufnahme bezüglich der Tat geben, sondern nur noch bezüglich der Strafzumessung. Das Gericht kann dann beispielsweise die Entwicklung von K. seit seiner Verurteilung aufrollen oder seine persönlichen Umstände erneut beleuchten.

Verteidiger Adam Ahmed erklärte zu der Entscheidung, der BGH sei seiner Revision vollständig gefolgt und habe "zur Sanktion eine wiederholte Beweiserhebung angeordnet".

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