Süddeutsche Zeitung

Gedenken:Wo die Stadt heute der Opfer des Holocausts gedenkt

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Zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz finden an mehreren Orten in München Veranstaltungen und Gedenkfeiern statt.

Von Martin Bernstein

Mehr als 4500 jüdische Münchner sind während der nationalsozialistischen Herrschaft deportiert und ermordet worden. Ihre Namen sind im 32 Meter langen unterirdischen "Gang der Erinnerung" genannt, der die Synagoge auf dem Jakobsplatz mit dem Gemeindezentrum verbindet. Am 75. Jahrestag der Befreiung der wenigen Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee wird in München an mehreren Orten der Opfer des Völkermords gedacht.

Kranzniederlegung und Gedenkstele

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter wird um zehn Uhr auf dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus einen Kranz niederlegen. Um 15 Uhr dann wird Reiter zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden der FC Bayern München AG, Karl-Heinz Rummenigge, in der Innstraße 18 eine Erinnerungsstele für Irene und Wilhelm Neuburger übergeben. Der begeisterte Sportler Neuburger war Mitglied des Vereins gewesen. Im Jahr 1936 war die Familie in die Niederlande emigriert. Von dort wurden sie alle am 14. Januar 1943 in das Kamp Westerbork verschleppt. Am 12. Januar 1944 deportierte die SS sie in das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Irene Neuburger wurde dort am 28. November 1944, ihr Ehemann Wilhelm am 22. Januar 1945 ermordet. Die beiden Töchter Erica und Marion überlebten das Konzentrationslager und einen Todesmarsch. Zahlreiche Angehörige der Familie werden an der Gedenkfeier am Montag teilnehmen, eine Enkelin hat die Erinnerungsstele initiiert.

Erinnerungstafel für das Ehepaar Railing

Die Übergabe einer Erinnerungstafel für Hedwig und Hugo Railing findet im Beisein von Bürgermeisterin Christine Strobl und Karl-Heinz Rummenigge dann um 15.50 Uhr an der Montgelasstraße 2 statt. Initiator dafür war der FC Bayern selbst, dem der gebürtige Münchner Railing angehört hatte. Sein Familienunternehmen "Münchner Textildruckerei GmbH" in Großhadern wurde 1938 zwangsweise enteignet, Hugo Railing im Juli 1938 verhaftet. Die Gestapo deportierte Hedwig und Hugo Railing am 4. April 1942 in das Ghetto Piaski, wo Hedwig Railing getötet wurde. Im November 1942 wurde Hugo Railing in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet. Sohn Heinz und Tochter Margot konnten nach England beziehungsweise in die Schweiz emigrieren. Um 17 Uhr erinnert am Montag in der Städtischen Sing- und Musikschule in der Neuberghauserstraße 11 eine Gedenkveranstaltung an die Ehepaare Neuburger und Railing.

Zeitzeugen sprechen und Podiumsdiskussion

Das NS-Dokumentationszentrum München am Max-Mannheimer-Platz 1 lässt am Montag einen Tag lang die Zeitzeugen sprechen und zeigt von zehn bis 19 Uhr im Auditorium Filme aus der Reihe "Zeuge der Zeit". Zusätzlich findet um 16.30 Uhr ein offener Rundgang zum Thema "Erinnerung an Rassismus, Krieg und Nationalsozialismus" statt (Treffpunkt Foyer).

In den Kammerspielen sprechen die Journalistin Mirna Funk, der Künstler Leon Kahane, die in München lebende Schriftstellerin Lena Gorelik und die Leiterin des NS-Dokumentationszentrum Mirjam Zadoff über "Jüdisches Leben heute" (20 Uhr).

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SZ vom 27.01.2020
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