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Namensvetter:Ist der Bischof da?

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Wenn bei Reinhard Marx in Gröbenzell geklingelt wird, macht schon mal der Sohn auf. Ein Anruf beim Namensvetter des Erzbischofs.

Interview von Gerhard Fischer, München

Wie ist es, ein Leben mit dem gleichen Namen wie eine stadtbekannte Persönlichkeit zu führen? In einer neuen Serie fragen wir nach. Ein Anruf also bei Reinhard Marx, 66, in Gröbenzell, Namensvetter des Erzbischofs der Diözese München und Freising. Der eine Marx ist Kardinal, der andere Marx ist aus der Kirche ausgetreten.

SZ: Hallo Herr Marx, schon mal einen Anruf gekriegt, der eigentlich dem Kardinal gegolten hätte?

Reinhard Marx: Nein, das nicht. Aber es hat mal einer an der Haustür geklingelt und nach "dem Bischof" gefragt, als wir noch in München gewohnt haben.

Sie wohnen mit Ihrer Frau zusammen. Stand deren Vorname auch auf dem Klingelschild? Wäre ja komisch, wenn der Kardinal in dem Haus mit einer Frau ...

Da stand nur Marx dran. Aber einer meiner Söhne hat dem Mann geöffnet - und das wäre ja auch unlogisch, wenn ein Sohn des Kardinals öffnet. Nicht unmöglich, aber offiziell unlogisch. Trotzdem fragte der Mann nach dem Bischof.

Als der Irrtum aufgeklärt wurde, ist der Mann gleich wieder gegangen?

Jaja.

Sonstige Erlebnisse wegen Ihres Namens?

Nicht wegen Reinhard Marx, aber natürlich wegen Karl Marx oder wegen der Besonderheit des Nachnamens - da gab es das Übliche mit Marx und Engels oder so. Und bei der Bundeswehr haben sich die Vorgesetzten immer meinen Namen gemerkt, da musste ich dann ran, wenn Freiwillige zum Aufräumen gesucht wurden oder so.

Sind sie Bundeswehrangestellter?

Nein, das war im Grundwehrdienst.

Was machen Sie beruflich?

Ich bin Rentner, früher war ich in der Gastronomie.

Da wurde man mit diesem Namen doch sicher mal aufgezogen, oder? Mit Verlaub, etwa so: Hey Marx, dieses Bier kostet jetzt aber nichts, du bist doch Kommunist.

Ich habe nicht in einer Kneipe gearbeitet, sondern in der gehobenen Gastronomie mit internationalem Publikum. Die Gäste wussten meistens gar nicht, wie ich heiße, ich habe mich da nicht persönlich vorgestellt.

Zurück zu Reinhard Marx. Sind Sie katholisch?

Nein, ich bin evangelisch getauft und später ausgetreten - genauso wie meine Frau, die katholisch war.

Warum?

Na ja, schon wegen des Geldes und der Kirchensteuer. Aber auch wegen der Scheinheiligkeit. Da rennen die alten Weiber dreimal in der Woche in die Kirche und wenn sie wieder rauskommen, dann zerreißen sie sich das Maul über die Nachbarn. Ich kann auch ein guter Mensch oder ein guter Christ sein, wenn ich nicht ständig in die Kirche renne und diesem Verein angehöre.

Was halten Sie von der katholischen Kirche?

Auch scheinheilig. Gerade aktuell wieder bei den Missbrauchsvorwürfen: Da machen sie eine große Tagung in Rom und es ist wieder nur Blabla. Ich habe im Fernsehen ein paar jüngere Priester gehört, die klipp und klar sagten, dass ein Pfarrer, der Kinder missbraucht, in den Knast müsste, wie jeder andere auch. Das ist eine gute Einstellung. Da darf man nichts vertuschen.

Haben Sie jemals nachgeforscht, ob Sie mit Reinhard oder gar Karl Marx verwandt sind?

Nein, und wenn ich es wüsste: Was hätte ich davon? Ich weiß nicht, woher der Name kommt. Meine Eltern zogen aus Breslau in Schlesien hierher, ich kam - nachdem wir vorher in Gelsenkirchen gewohnt haben - mit fünfeinhalb Jahren nach Bayern.

Haben Sie den Kardinal Reinhard Marx je getroffen?

Nein, nur im Fernsehen gesehen.

Wie finden Sie ihn?

Okay. Er kommt seriös und sympathisch rüber.

Und barock und lebensfroh, oder?

Wieso?

Na ja, er trinkt offenbar gern Wein und raucht Zigarren.

Ach, das wusste ich nicht. Aber das ist doch in Ordnung.

Klar.

Ich habe mal in der Fußgängerzone in einem Tabakladen gearbeitet, gegenüber von einer Kirche. Da kam ein alter Pfarrer einmal pro Woche rein und hat eine Stange Zigaretten gekauft. Auch in diesen Leuten stecken Menschen.

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Quelle:
SZ vom 26.03.2019
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