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Corona-Tests am Münchner Flughafen:Wer an die Alster will, muss den Mund aufmachen

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Die Lufthansa hat für bestimmte Flüge aus und nach Hamburg verpflichtende Corona-Tests eingeführt. Nicht alle Passagiere sind einverstanden, doch andere buchen die Verbindung gerade deswegen.

Von Dominik Hutter

Ein wenig überrascht ist Detlef Rubik dann doch, als er plötzlich zum Corona-Test gebeten wird. "Ich hatte im Internet gelesen, dass getestet wird. Aber ich dachte, das findet nur sporadisch statt." Das stellt sich als Irrtum heraus. Zumindest, wenn man um 9.10 Uhr mit der Lufthansa nach Hamburg will. Rubik betritt daher das kleine medizinische Zentrum gegenüber von Gate G 34. Es dauert nur wenige Minuten. Begrüßung, Identitätsprüfung, Rachenabstrich, das war's. Das Ergebnis liegt nach einer Viertelstunde vor, wird aufs Handy übermittelt. Rubik darf fliegen. Er gesellt sich zu seinen Mitreisenden, die alle eine gute Botschaft vorweisen können: Corona-frei.

Das ist wichtig. Denn für LH 2058 gilt seit einer Woche: Ohne negativen Corona-Test darf niemand an Bord. Vorerst gilt die Regelung nur für diesen einen täglichen Start - plus den Rückflug LH 2059. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, berichtet der zuständige Lufthansa-Programmleiter Christoph Leffers. Einerseits soll es den Passagieren ein "Mehrwertgefühl" geben. Die Tests sind kostenlos, und wer sich trotz der immer wieder gepriesenen Flugzeug-Klimaanlage unwohl fühlt, hat dann zusätzliche Sicherheit. Die Hygienevorschriften an Bord gelten trotzdem weiter.

Andererseits will die Airline Erfahrungen sammeln. Die Lufthansa benötigt Argumente, um irgendwann die nervigen Quarantäneregelungen bei der Einreise in viele Staaten ad acta legen zu können. Was natürlich nur funktioniert, wenn die Regierungen derartige Tests als Alternative zur Selbstisolation akzeptieren. Nicht zuletzt für den von Restriktionen geplagten Interkontinentalverkehr wäre das wichtig - wer will schon zwei Wochen im Hotel eingesperrt sein. Leffers ist klar, dass es noch dauern wird, bis ein solches Thema auf die Tagesordnung kommt. Aber die Fluggesellschaft will gewappnet sein, wenn die Corona-Situation erste Lockerungen zulässt.

Aber akzeptieren die Fluggäste den Pflichttest? Der Hamburg-Reisende Rubik hat kein Problem damit, und auch Dominik Schubert, der beruflich an die Alster fliegt, findet es "in Ordnung". Die Lufthansa habe zwei Tage vorher Bescheid gegeben, und Schubert war sich ohnehin sicher, negativ getestet zu werden. So soll es idealerweise laufen, berichtet Leffers: Dass jeder frühzeitig weiß, was ihn erwartet. Bislang klappe das noch nicht zu 100 Prozent, weil man nicht jeden erreicht habe. Aber der Versuch sei ja erst gestartet.

Natürlich gibt es auch Fluggäste, die mit dem Test nicht einverstanden sind. Sie tauchen aber normalerweise gar nicht erst am Gate auf, sondern werden im Vorfeld kostenlos auf eine andere Maschine umgebucht. Das ist bislang kein Problem - bei einem Test, der sich auf nur eine einzige Verbindung beschränkt. Der nächste "normale" Start in Richtung Hamburg erfolgt in zwei Stunden. Auf der anderen Seite gibt es auch Passagiere, die ganz bewusst den Flug mit zusätzlicher Sicherheit buchen. Und welche, denen es völlig egal ist. Hauptsache Hamburg.

Flächendeckend, davon ist Leffers überzeugt, wäre das alles nicht zu stemmen. Bislang haben rund 150 Leute einen Corona-Test vor ihrem Hamburg-Flug absolviert, berichtet Hanns-Georg Klein vom Medizinischen Versorgungszentrum Martinsried, der gemeinsam mit seiner Laborleiterin Anna Binder für die Abstriche zuständig ist. Davon waren drei positiv. Schlägt der Antigen-Test an, wird der Fluggast rasch gewarnt und kann natürlich nicht mitfliegen. Es folgt ein PCR-Test, laut Klein der "Goldstandard", der eine noch größere Sicherheit bietet. Aber eben auch sechs Stunden Zeit benötigt. Bestätigt sich der Befund, muss das Gesundheitsamt informiert werden.

Übrigens, so berichtet Klein, wurde bei den drei Corona-Positiven sicherheitshalber ein weiterer Antigen-Test vorgenommen - der in einem Fall negativ ausfiel. "Er hatte kurz zuvor gegessen und getrunken", so Klein. Dann kann so etwas schon einmal passieren. Wann haben Sie zuletzt etwas zu sich genommen?, zählt daher zu den Standardfragen im Labor. Insgesamt hält Klein die Tests für sehr zuverlässig. Wer sich nicht am Flughafen checken lassen will, kann eine Test-Bescheinigung mitbringen. Sie darf allerdings maximal 48 Stunden alt sein. Da es ein Schock sein kann, ein positives Testergebnis zu erfahren, hat die Lufthansa für jeden Passagier eine Versicherung abgeschlossen. Deren geschulte Mitarbeiter begleiten den Patienten bei den dann anstehenden Schritten.

Erste Tests auch im Interkontinentalverkehr stehen frühestens im ersten Quartal des nächsten Jahres an, so Leffers. Beim erhofften Prinzip "Test statt Quarantäne" hat die Lufthansa vor allem ihren wichtigsten Markt Nordamerika vor Augen. Klar ist: Ereilt einen am Flughafen im Ausland ein positiver Befund, wird es erst einmal nichts mit der Rückreise - was nicht in jeder Gegend der Welt angenehm ist. Aber Corona-Positive dürfen ja auch sonst keine Flugreise antreten.

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Quelle:
SZ vom 21.11.2020
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