Süddeutsche Zeitung

Lehel:Gourmet-Festival hinterlässt ruinierten Rasen

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Die Spuren von Sattelschleppern, Gabelstaplern, Zelten und Gästen des "Taste of München" finden sich auf dem Sportplatz im Lehel - wo schon in wenigen Tagen Cricket-Spiele stattfinden sollen.

Von Andreas Neukam, Lehel

"Da wird die 'Grüne Lunge' dem Kommerz geopfert!" Felix Pongratz regt sich auf. Der Familienvater aus dem Lehel fährt regelmäßig mit dem Fahrrad durch den Englischen Garten, vorbei an der städtischen Schulsportanlage Am Hirschanger. Genau dort gesellten sich zu den Radlern und Spaziergängern zuletzt auch Gabelstapler und tonnenschwere Lkw.

Rund eine Woche lang lieferten sie Fundamente und Zelte für das "Taste of München" an - ein Gourmetfestival, bei dem sich bis Sonntag Bayerns beste Köche trafen. In einem Zeltdorf auf dem Schulsportplatz zeigten sie unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Josef Schmid (CSU) ihr Können, die billigste Eintrittskarte kostete 15 Euro.

"Es ist ein Wahnsinn, dass man so eine Veranstaltung genehmigt", sagt Pongratz. Schwere Platten aus Stahl sollten die Wege im Englischen Garten schützen. "Aber die Fahrzeuge sind nicht auf den Platten geblieben", sagt er. Es sei nicht abzuschätzen, welche Schäden in dem Landschaftsschutzgebiet zurückbleiben. In dieser Woche läuft nun der Abbau des Events. Helmut Sonnberger ist Platzwart der Schulsportanlage, seine Wohnung liegt direkt daneben. Er hat beobachtet, wie die Sattelschlepper im Englischen Garten Schlange standen, mit laufenden Motoren. Zudem seien Gabelstapler mit rund zwölf Tonnen Gewicht direkt über den Rasen der Anlage gefahren.

Tiefe Spuren hätten die Fahrzeuge hinterlassen, weiß Norbert Weigler (Grüne). Das Mitglied des Bezirksausschusses Altstadt-Lehel hat sich den Sportplatz angesehen. "Der Rasen ist ruiniert und mit normalen Mitteln sicher nicht mehr hinzukriegen", sagt er. Überall dort, wo die Zelte schon weg sind, ist das Grün jetzt gelb gefärbt. "An manchen Stellen sind die Flecken sogar braun. Das ist vergammelt, kaputt", sagt Platzwart Sonnberger.

Noch schlimmer finde er allerdings die zerbrochenen Sektgläser und sonstigen Glasscherben, die die Gäste auf dem Feld zurückließen. In den kommenden Wochen sollen dort einige Cricket-Spiele stattfinden, schon am kommenden Samstag das erste. Insgesamt nutzen die Anlage neun Schulen, in den Ferien zudem ebenso viele Sportgruppen. "Ich möchte nicht, dass sich jemand verletzt", sagt Sonnberger, "das ist eben kein Event-Gelände, sondern eine Sportanlage."

Die Stadt teilt mit, dass sie noch in dieser Woche den Platz vom Veranstalter des "Taste of München" abnehme. Im Vertrag gebe es zudem eine Haftungsklausel, wie der Ausrichter mit eventuellen Schäden umzugehen habe. Die Details unterlägen dem Datenschutz. Platzwart Helmut Sonnberger zweifelt daran, dass alles so einfach wiederherzustellen sei. "Scherben kann man auf einer so großen Fläche nicht einfach aus dem Rasen pflücken", sagt er. Norbert Weigler will im Bezirksausschuss Altstadt-Lehel deswegen eine Initiative starten. Schulsportanlagen sollen überhaupt nicht mehr für kommerzielle Zwecke genutzt werden dürfen.

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Quelle:
SZ vom 10.08.2017
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