Süddeutsche Zeitung

Wintersport:Auf dünnem Eis

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An den Badeseen des Erholungsflächenvereins im Landkreis München ist das Betreten der Eisflächen grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme bildet der Deininger Weiher, dort ist laut Landratsamt der Wirt der Gaststätte für einen Teilbereich verantwortlich. Doch der weiß davon nichts.

Von Iris Hilberth, Straßlach-Dingharting

Nach einer kurzen Phase mit Temperaturen über dem Gefrierpunkt hält die Kälte in den kommenden Tagen wieder Einzug im Landkreis München. Bis zu minus acht Grad sind in den Nächten am Wochenende vorhergesagt. Das Eis auf den Seen wird dann sicher wieder ein paar Zentimeter wachsen. Doch ist es wirklich ratsam, darauf mit Schlittschuhen ein paar Runden zu drehen?

Auf dem Deininger Weiher in der Gemeinde Straßlach-Dingharting herrschte am vergangenen Sonntag schon reichlich Betrieb. Klirrende Kälte und Sonnenschein hatte Hunderte Spaziergänger aufs Eis gelockt. Eishockeyspieler, Eisstockschützen mischten sich darunter, Kinderwagen wurden über die glatte Fläche geschoben, am Ufer traf man sich rund um eine Feuerschale auf ein Bier, ein Besucher hatte es sich sogar auf einem Biergartenstuhl mitten auf dem See bequem gemacht. Auf dem zugefrorenen See ging es zu wie am Stachus während des Winterschlussverkaufs.

Währenddessen meldete in München die Feuerwehr einige Einbrüche ins noch zu dünne Eis des Nymphenburger Kanals und warnte davor, die Flächen zu betreten. Die eisige Decke war an einigen Stellen bereits rissig. Eigentlich ist es ohnehin verboten, die Eisflächen zu betreten. Die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung (BSSV) hatte bereits Warnschilder aufgestellt.

Auch im Landkreis München gibt es solche grundsätzlichen Betretungsverbote, "zur eigenen Sicherheit grundsätzlich und unabhängig von Witterung und Tragfähigkeit der Eisflächen", wie das Landratsamt mitteilt. Diese Anordnung gilt für den Unterschleißheimer See, den Poschinger Weiher, den Heimstettener See und den Feringasee. Nicht etwa, weil diese Gewässer besonders groß, tief oder warm sind. Das hat schlichtweg damit zu tun, dass sich diese Badeseen in der Verantwortung des Erholungsflächenvereins und des Landkreises München befinden. Überall dort, wo kein explizites Betretungsverbot ausgesprochen sei, gelte grundsätzlich, dass ein Betreten von Eisflächen auf eigene Gefahr erfolge, betont eine Behördensprecherin.

Das Landratsamt München warnt denn auch eindringlich vor dem Betreten der Eisflächen auf Gewässern im Landkreis München und bittet um Beachtung der Betretungsverbote, auch zum Schutz der Rettungskräfte. Zwar hätten sich zum Teil geschlossene Eisdecken gebildet, die Eisschichten seien jedoch zumeist eher dünn und erschienen, wenn überhaupt, nur auf den ersten Blick tragfähig. Dadurch können kritische, teils auch lebensbedrohliche Situationen entstehen. Vor allem auch, weil die Temperaturen einige Tage lang im einstelligen Plus-Bereich lagen. Das Landratsamt weist ausdrücklich darauf hin, dass die Dicke des Eises durch das Landratsamt beziehungsweise den Erholungsflächenverein nicht gemessen wird.

Eine Sonderregelung gibt es für den Deininger Weiher, für den ebenfalls das Landratsamt und der Erholungsflächenverein zuständig sind. Hier ist das Betreten der Eisfläche auf der hinteren Hälfte des Sees generell verboten. Auf den vorderen Teil kann laut Landratsamt der Wirt bei sicheren Gegebenheiten eine Fläche für Eisstockschützen präparieren und diese dann auch nach eigenem Ermessen freigeben. Er habe für diese Fläche dann auch die Verkehrssicherungspflicht.

Davon weiß Markus Tschurtschenthaler, der Wirt des Waldhauses Deininger Weiher, allerdings nach eigenen Worten nichts. "Wir geben die Eisfläche nicht frei, dafür haben wir ja gar keine fachmännische Ausbildung", stellt er klar. Zwar habe er in seinem Pachtvertrag einen Passus, der ihm erlaube, Teile der Eisfläche zu vermieten. Doch das mache er nicht. Eislaufen am Deininger Weiher kostet nichts. "Es ist aber auch auf eigene Gefahr", betont er. Mit den Eisstockschützen der umliegenden Vereine habe er die Abmachung, dass sie selbst entscheiden, ob man aufs Eis könne. Und die wüssten schon, was sie tun, "in den vergangenen Jahren ist noch nie etwas passiert", sagt Tschurtschenthaler. Auf seiner Website gibt es eine "Wetterkamera", dort sieht man, ob die Stockschützen auf dem Eis sind.

Die Wasserwacht im Landkreis München warnt grundsätzlich eindringlich vor dem Betreten der Eisflächen auf Gewässern. "Das ist lebensgefährlich", sagt deren Sprecherin Daniela Haupt. Denn häufig seien die Seen nicht komplett zugefroren, das Eis habe unterschiedliche Stärken. Vor allem solle man Kinder besonders im Blick behalten und niemals alleine eine Eisfläche betreten. Und wenn es dann doch mal unter den Füßen knackt und das Eis Risse bildet: "Sofort flach hinlegen, so das Gewicht verteilen und ans Ufer robben", rät Haupt. Ist man bereits eingebrochen, soll man entweder versuchen, wieder aufs Eis zu gelangen oder, wenn das nicht geht, das Eis in Richtung Ufer abzubrechen. Wichtig für etwaige Retter sei: sich ebenfalls liegend dem Eingebrochenen nähern, am besten mit einem Gegenstand wie einer Leiter oder einem Schlitten, niemals die Hand reichen und im Ernstfall umgehend die Notrufnummer 112 wählen.

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