Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Drei Windräder neben der A 8

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Die Gemeinde Taufkirchen verpachtet ein Waldgrundstück an der Autobahn, auf dem zwei Firmen Rotoren mit einer Nabenhöhe von 166 Metern errichten wollen. An dem Bau sollen sich Bürger beteiligen können.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Die Gemeinde Taufkirchen will ihr Grundstück an der Autobahn A 8 für den Bau von drei Windrädern bereitstellen, an denen sich auch Bürgerinnen und Bürger beteiligen können. Das hat der Gemeinderat am Donnerstagabend mit großer Mehrheit entschieden. Zugleich legte das Gremium aber eine Höhenbegrenzung fest. So sprachen sich CSU, Freie Wähler (FW) und Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) gegen die Stimmen von Grünen und SPD für eine maximale Nabenhöhe von 166 Metern aus. Dies entspricht den Ausmaßen eines Modells, auf dessen Basis das Unternehmen Zäuner und Stinauer seine Wirtschaftlichkeitsprüfung für eine Windenergieanlage auf dem Areal westlich der A 8 und südlich der A 995 vorgenommen hat. Die Gesellschaft, die bei Bruck im Landkreis Ebersberg ein Windrad errichtet hat, will die Anlage in Taufkirchen zusammen mit der Firma Wust Wind & Sonne GmbH bauen und betreiben - als Bürgerwindpark.

Das gemeindliche Grundstück liegt sowohl im Wald als auch an der Autobahn, wodurch die 10-H-Regel dort nicht mehr gilt, nachdem diese kürzlich gelockert wurde, wie Hans Zäuner im Gemeinderat erläuterte. Demnach wären Windkraftanlagen in dem Bereich ein privilegiertes Vorhaben und bedürften keiner Genehmigung der Kommune. "Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass das Gebiet Windvorranggebiet wird", sagte Zäuner. Laut den Berechnungen seiner Firma - auf Basis von Messwerten, die die Gemeinde von der Arge Hofoldinger Forst erworben hatte - würde sich ein Windpark dort auch rechnen.

Zäuner zufolge liegen die Projektkosten beim Bau von drei Rädern mit einer Nabenhöhe von 166 Metern und einem Rotordurchmesser von 160 Metern bei gut 26 Millionen Euro. Knapp ein Fünftel der Summe wolle man von Bürgern einsammeln, die sich als Kommanditisten an der Anlage beteiligen könnten und so auch ein Mitspracherecht hätten. Auf 20 Jahre gerechnet, bekommen die Anleger laut Zäuner "das Doppelte raus, das sie reingesteckt haben. Und das ist noch konservativ gerechnet."

Ganz anders bewertete das Paul Haberl (CSU), der von einer "reinen Spekulationsrechnung" sprach. "Ich kann nicht mit ruhigem Gewissen empfehlen, dass hier bei uns Windräder gebaut werden. Und fürchterlich ausschauen tun sie außerdem", befand er. Demgegenüber sprach David Grothe (Grüne) von einem "guten Modell, das wir fördern sollten", auch aus ökologischer Perspektive. Schließlich käme man mit den drei Windrädern laut den Berechnungen auf einen Ertrag von 30 Megawattstunden im Jahr, mithin genug Strom für 8500 Haushalte. "Das ist grandios", urteilte Grothe.

"Ich finde die Dinger hässlich, aber sie werden kommen"

Derweil betonte Bürgermeister Sander, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts für die Gemeinde zunächst nicht entscheidend sei. "Denn die Frage, ob man sich an diesem Invest beteiligt, muss jeder selbst beantworten. Ich würde nie hingehen und den Bürgern sagen: Jetzt investiert dort mal." Vielmehr müsse der Gemeinderat entscheiden, ob er das Grundstück für ein solches Projekt verpachten wolle. Falls nicht, würden Windräder vermutlich an anderer Stelle in dem Gebiet gebaut. "Wir wissen, das wir das Thema Windkraft nicht mehr verhindern können", sagte der Rathauschef. "Die Frage ist: Passiert es bei uns oder macht's jemand anderes?"

Ähnlich äußerte sich Michael Lilienthal (FW): "Ich finde die Dinger hässlich, aber ich bin Realist und sage: Sie werden kommen." Seine Hoffnung sei, dass Windräder auf dem Gemeinde-Areal "als eine Art Blocker" gegen weitere Anlagen dienten. Sorgen, dass sich nicht genug Investoren finden ließen, habe er nicht. "Die Grünen-Wähler haben sehr viel Geld, das wird immer unterschätzt."

Nach dem positiven Votum des Gemeinderats wird sich dieser nun in nicht-öffentlicher Sitzung mit den Details des Pachtvertrags für das Grundstück beschäftigen. Derweil muss die Betreiberfirma eine artenschutzrechtliche Prüfung für das Gebiet veranlassen. "Wenn da rauskommt, dass es irgendwelche schützenswerte Arten gibt, geht's sowieso nicht", sagte Zäuner.

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