Süddeutsche Zeitung

Weltrekordversuch:Knapp Horn

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Beim "Carnaval du Cor" in Pullach sollen mindestens 180 Waldhornbläser einen Weltrekord brechen. Damit das gelingt, braucht der Veranstalter noch einige Teilnehmer. Es dürfte eng werden - und laut

Von Michael Morosow

Das Horn zählt nicht gerade zu den dezent klingenden Musikinstrumenten. Auf der Dezibelskala steht es nicht weit hinter den Posaunen, deren Schall bekanntlich die stärksten Mauern von Jericho zum Einsturz gebracht haben soll.

Insofern muss man hoffen, dass die Turnhalle des Otfried-Preußler-Gymnasiums in Pullach so stabil gebaut ist, dass ihr selbst der Schall von mindestens 180 Hörnern nichts anhaben kann. Es wird aber nicht nur sehr laut werden am Freitagabend, 1. März, in der Sportstätte, es wird auch knisternde Spannung in der Luft liegen.

Zum Auftakt des diesjährigen Hornfestivals "Carnaval du Cor" (1. bis 5. März) soll das größte Horn-Ensemble aller Zeiten formiert werden. Es gilt den bisherigen im Guinness-Buch der Rekorde gewerteten Weltrekord von 179 Hornbläsern zu knacken, der 2017 im österreichischen Diersbach aufgestellt wurde.

Gespielt wird der Pilgerchor aus "Tannhäuser", ein sehr einfaches Stück, geeignet auch für Anfänger, wie Benjamin Comparot, Künstlerischer Leiter des "Carnaval du Cor 2019", anmerkt. Stand Freitag haben sich bereits 160 Musiker für den Weltrekordversuch angemeldet.

"Bitte mobilisiert alle Hörnchen."

Der Hornist zeigt sich deshalb auch zuversichtlich, die Österreicher übertrumpfen zu können und will "alle Hornistinnen und Hornisten der Region, gleich welchen Alters, egal ob Profis oder Anfänger", dafür gewinnen. "Bitte mobilisiert alle Hörnchen, die Euch einfallen!", ruft er ihnen zu.

Wobei es sich bei den "Hörnchen" unbedingt um Waldhörner handeln muss. Er habe bereits eine Anfrage gehabt, ob auch Tenorhörner gestattet seien. "Sind sie nicht", sagt Comparot, der es nun sogar für möglich hält, eine noch höhere Bestmarke überbieten zu können, die aber keinen Eintrag ins Guinnessbuch gefunden hat: Während des Weinmarktes im Stadtpark Mainz war ein 225-köpfiges Ensemble aufgetreten.

Ein Eintrag ins Guinnessbuch blieb den Mainzern indes versagt, weil sie einige Vorgaben der Guinnessbuch-Redaktion nicht erfüllt hatten, wozu die Bestellung zweier unabhängiger Schiedsrichter gehört.

Wenn am Freitag um 17 Uhr in Pullach angeblasen wird, werden auf den Rängen in der Turnhalle als Schiedsrichter Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund sowie der stellvertretende Kommandant der Pullacher Feuerwehr, Thomas Maraneli, sitzen. Dabei hätte ursprünglich der Weltrekordversuch im Innenhof des Bildungszentrums Burg Schwaneck, bei schlechtem Wetter im "Großen Rittersaal" der alten Burg über die Bühne gehen sollen. Bei genauer Betrachtung hat sich dieser Ausweichsaal dann wohl doch als zu klein erwiesen für einen wahrscheinlichen Ansturm von Hornbläsern sowie Zuschauern, die sich diesen "coolen Spirit", so Comparot, nicht entgehen lassen wollen.

"Es wird eine knappe Kiste, aber wir schaffen das", sagt Comparot. Allein 110 professionelle Hornistinnen und Hornisten sowie Dozenten stellen das Bayerische Staatsorchester, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und die Berliner Philharmoniker. Bis Freitag trafen 50 Anmeldungen von interessierten Hornisten aus der ganzen Welt ein, so aus Venezuela, Chile, Kanada, Japan, China, Österreich, Italien, Frankreich und der Schweiz.

Fehlen also nur noch 20 Hornbläser, um die Österreicher übertrumpfen zu können, und 65, um die Mainzer Bestmarke zu überbieten. Die Veranstalter hoffen freilich auch, dass viele Musikschüler aus München und dem Umland mit ihren Hörnern anreisen werden. "Sie haben die einmalige Chance, neben Musikern mit Weltruf auftreten zu können", sagt Comparot.

Seit er über Facebook auf den Weltrekordversuch aufmerksam gemacht hat, seien die verrücktesten Zuschriften eingegangen. So etwa von einem Hornisten aus den italienischen Dolomiten, der eigens für den Weltrekordversuch nach Pullach reisen wird und anfänglich ernsthaft in Erwägung gezogen habe, mit dem Fahrrad zu kommen.

"Mit dem Horn auf dem Rücken wäre das wohl nicht einfach geworden", sagt Comparo. Und ein Posaunist habe gebeichtet, dass er schon immer lieber Horn gespielt hätte und nun noch ganz schnell umlernen möchte, um sich wenigstens eine der vier Stimmen ("die Leichteste") bis zum 1. März anzueignen.

Mit dem Weltrekordversuch machen sich die Hornisten um Comparot quasi selbst ein Jubiläumsgeschenk. Das Festival "Carnaval du Cor" findet heuer zum 25. Mal statt, nach 2017 zum zweiten Mal im Bildungszentrum Burg Schwaneck. In einem viertägigen Kammermusikkurs wollen die Hornistinnen und Hornisten aus 14 Ländern unter Anleitung namhafter Dozenten sowohl kleine wie auch monumental groß besetzte Werke für Hornensembles von Bach bis Abba erarbeiten.

Die Ergebnisse ihres Workshops werden die Festival-Teilnehmer in drei Abschlusskonzerten präsentieren: am Samstag, 2. März, in der Basilika St. Bonifaz in München, am Sonntag, 3. März, in der Ulmer Pauluskirche und am Rosenmontag, 4. März, im Bürgerhaus in Pullach. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Der Eintritt zu allen Konzerten ist frei, über Spenden zur Unterstützung des Festivals würden sich die Musiker freilich freuen.

Wer Interesse daran hat, bei dem Weltrekordversuch mitzumachen, wird aus Planungsgründen um eine formlose Anmeldung per E-Mail ( timundstruppi@gmx.com) gebeten. Zusammen mit der Anmeldebestätigung erhält man die Noten. Der Weltrekordversuch beginnt um 17 Uhr, Teilnehmer sollten aber eine halbe Stunde vorher eintreffen.

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Quelle:
SZ vom 23.02.2019
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