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Extremsportler Hermann Huber ist tot:"Es gab wenige so bescheidene Bergsteiger wie ihn"

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Der Unternehmer und Extremsportler Hermann Huber hatte einige bahnbrechende Einfälle, um die Sicherheit im Bergsport zu erhöhen. Nun ist der Unterhachinger im Alter von 92 Jahren gestorben. 

Von Stefan Galler, Unterhaching

In einem Gespräch mit der SZ vor etwa 14 Monaten hat Hermann Huber skizziert, worum es beim Bergsteigen gehe: vor allem darum, seine eigenen Möglichkeiten, seine Körperkraft und Widerstandsfähigkeit genau einschätzen zu können. "Da stößt man sich als Jugendlicher die Hörner ab - oder stirbt dabei", sagte der damals 91 Jahre alte Alpinist und Unternehmer.

Er selbst hat viele Situationen überlebt, in denen es auch anders hätte ausgehen können, etwa als 13-Jähriger, als er aus sieben Metern Höhe von einer Gebirgswand stürzte und sich nur Hautabschürfungen zuzog. Und doch verlor er viele Freunde und Weggefährten, alleine im Jahr 1958 gleich drei, die allesamt zu Tode stürzten. Für Huber waren die Unglücke ein klarer Auftrag: Er wollte die Sicherheit im Bergsport erhöhen, also begann der handwerklich begabte gebürtige Münchner zu tüfteln.

Der passionierte Bergsteiger entwickelte die Rohreisschraube, die innen hohl ist, was beim Eindrehen in eine vereiste Wand dafür sorgt, dass das Eis nicht splittert, wodurch der Haken besser hält - ein Prinzip, dass auch heute noch angewandt wird. Huber erfand auch das erste anpassbare Steigeisen, bis dahin hatte es nur welche aus Gusseisen gegeben, die schwer und nicht veränderbar waren. Auch dieses innovative Produkt setzte sich in der Branche schnell durch. Dass seine bahnbrechenden Ideen ein zweischneidiges Schwert sind, war Huber stets bewusst: "Die Ausrüstung heute ist so unglaublich gut, dass manche sich davon in Versuchung führen lassen und zu schwere Routen klettern."

"Es gab wenige so bescheidene Bergsteiger wie ihn", sagt Reinhold Messner

Für die Münchner Firma Salewa, wo er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg als Lehrling begonnen hatte, entwickelte er schon 1955 den sogenannten Anden-Rucksack, der den Rücken freihält, damit man weniger schwitzt. In dem Unternehmen, das mittlerweile in Südtirol seinen Hauptsitz hat, aber auch in Aschheim einen Outlet-Store unterhält, war Huber viele Jahrzehnte tätig, von 1972 bis 1988 als Geschäftsführer.

Seit 1967 lebte er in einem Reihenhaus in Unterhaching, mit seiner Frau, die in Bergsport-Kreisen als "Taubenstein-Fanny" bekannt war und 2017 starb, sowie den beiden Söhnen, die heute beide im Ausland leben. Huber unternahm in seiner Bergsteiger-Karriere einige größere Expeditionen, etwa 1968 nach Nordost-Grönland, wo er in einen Eisbach fiel und sich nur mit größter Mühe retten konnte - durchnässt, unterkühlt und ohne Ausrüstung. Auch die Touren in Neu-Guinea 1974 und in den Pamir 1986 gehörten zu seinen persönlichen Höhepunkten.

Und so war ihm nicht nur das Lob als Entwickler von lebenswichtigen Ausrüstungsdetails, sondern auch als Extremkletterer gewiss: "Ein exzellenter Alpinist in der ganzen Breite des Spektrums", nannte ihn etwa Reinhold Messner im vorigen Jahr. "Es gab wenige so bescheidene Bergsteiger wie ihn." Jetzt ist Hermann Huber im Alter von 92 Jahren gestorben.

In einer früheren Fassung des Artikels stand, dass Hermann Hubers Frau bereits 1987 gestorben sei, korrekt ist das Todesjahr 2017.

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