Süddeutsche Zeitung

Unterhaching:Die Sportstadt strebt zurück zu alter Größe

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In der einstigen Sporthochburg Unterhaching machen sich zwei Vereine große Hoffnungen: Die Fußballer der Spielvereinigung könnten bereits dieses Jahr in die zweite Liga zurückkehren, die örtlichen Volleyballer träumen gar vom Gewinn der Deutschen Meisterschaft.

Von Stefan Galler, Unterhaching

2001 wurde hier die deutsche Fußballmeisterschaft entschieden. Zwischen 2009 und 2013 ging der deutsche Volleyball-Pokal viermal an den örtlichen Verein. Und 1998 sowie 2002 feierten die Menschen auf dem Rathausplatz die Olympiasiege ihres Bobfahrers Christoph Langen. Unterhaching ist außerhalb des Großraums München vor allem für seine sportlichen Erfolge bekannt geworden.

In den vergangenen Jahren waren die Athleten aus der 25 000-Einwohner-Gemeinde nicht mehr ganz so präsent in den bundesweiten Schlagzeilen, doch das könnte sich 2019 ändern: Die Kicker der Spielvereinigung (SpVgg) Unterhaching mischen derzeit die dritte Liga auf und schicken sich an, womöglich schon bald wieder zweitklassig zu spielen; die Volleyballer wiederum haben viereinhalb Jahre nach dem Rückzug des Hauptsponsors dank einer Kooperation mit dem österreichischen Abonnement-Champion Hypo Tirol ihren ersten deutschen Meistertitel im Visier.

Profifußballer haben's gut: Wenn sich der größte Teil der Bevölkerung zu Beginn des Jahres mit Schneeräumen und kaum befahrbaren Straßen herumplagt, verziehen sie sich zumindest für ein paar Tage in den sonnigen Süden. Da machen die Drittligaspieler der SpVgg Unterhaching keine Ausnahme, sie stärken sich vom kommenden Sonntag an eine Woche lang in Andalusien, um für die Rückrunde gewappnet zu sein. Denn in den verbleibenden 18 Saisonspielen ist für das Team von Trainer Claus Schromm noch alles drin: Zwei Punkte trennen die Rot-Blauen vom Aufstiegsrelegationsplatz drei, vier Zähler fehlen auf einen direkten Aufstiegsplatz.

Trainer Claus Schromm bleibt dennoch defensiv, schließlich sollen erst einmal die fehlenden zehn Punkte eingefahren werden, um auf 45 zu kommen - jene Marke dürfte in jedem Fall für den Klassenerhalt reichen. "Ich halte nichts davon, ein Ziel zu verändern, das ich noch nicht erreicht habe", sagt Schromm, um sich dann doch noch einem möglichen Aufstieg zuzuwenden: "Sollten wir es tatsächlich dieses Jahr schon schaffen, hätte ich unglaublich viel mehr Respekt vor der zweiten Liga, als wenn wir es nächstes Jahr packen würden", sagt der 49-Jährige. "Aber wenn es so kommt, dann werden wir alles dafür tun, um es zu schaffen."

Denn eines ist absolut klar: Früher oder später muss es mit dem Aufstieg klappen, lange ist die dritte Liga für keinen Verein zu finanzieren, das gilt auch für die Talentschmiede Unterhaching. Und weil Einnahmen in allen Bereichen nötig sind, um die Zeit bis zum Aufstieg zu überbrücken, will Schromm auch im Cup an die Fleischtöpfe, was nichts anderes heißt, als dass sich die SpVgg für die erste Runde im DFB-Pokal qualifizieren will. Das geht entweder durch das Erreichen eines der ersten vier Plätze in der dritten Liga oder durch den Gewinn des bayerischen Toto-Pokals.

In diesem Wettbewerb steht Haching im Halbfinale und trifft am 24. April zu Hause auf die Würzburger Kickers. Das andere Halbfinale bestreiten Regionalligist Viktoria Aschaffenburg und der TSV 1860 München. "Wir haben ja schon gezeigt, dass wir im DFB-Pokal nicht nur die erste Runde spielen können, da ist auch mal wieder die zweite oder dritte Runde drin", sagt Schromm. "Und dann scheppert es richtig."

Scheppern könnte es in diesem Jahr auch zwischen Verein und Kommune, nämlich dann, wenn keine Einigkeit erzielt wird über den Betrieb des Stadions. Vereinspräsident Manfred Schwabl will den Sportpark in Eigenregie führen, was einerseits eine finanzielle Entlastung der Gemeindefinanzen bringen würde. Im Gegenzug aber verlangt der Klub eine finanzielle Unterstützung des notwendigen Umbaus. Man führe Gespräche, es müsse ein für beide Seiten attraktives Modell gefunden werden, heißt es aus dem Rathaus.

Für Schwabl wird die Stadionfrage das bestimmende Thema 2019 aus Sicht des Klubs, das betonte er auch im Zuge der Ausgliederung der Profiabteilung aus dem Gesamtverein, die Mitte Dezember ohne Diskussionen auf der Mitgliederversammlung vonstatten ging. Es könnte also ein sportlich erfolgreiches, jedoch politisch kompliziertes Jahr für die SpVgg werden.

Den Papierkram und komplizierte Verhandlungen haben die Alpenvolleys bereits hinter sich. Das deutsch-österreichische Volleyballteam, das im Sommer 2017 aus einer Kooperation von TSV Unterhaching und Hypo Tirol Innsbruck hervorging, ist bereits in seiner zweiten Bundesligasaison eine feste Größe. Die vergangene Saison schloss man auf dem dritten Rang hinter Berlin und Friedrichshafen ab, weshalb Generalmanager Hannes Kronthaler für die Spielzeit 2018/19 abermals das Halbfinale als Ziel ausgegeben hat.

Und bisher läuft es gut: Nach zehn Saisonpartien thronen die Alpenvolleys an der Tabellenspitze, nur eine Partie ging verloren, kurz vor Weihnachten gegen Frankfurt, als die Mannschaft arg krankheitsgeschwächt war. Trotz der Zwischenbilanz, die zu großen Hoffnungen Anlass gibt, bleibt Kronthaler auf dem Teppich: "Wir werden jetzt nicht ausflippen", sagte er zur Jahreswende, räumte aber ein, dass "von der Zusammenstellung bis zur Entwicklung des Teams viel richtig gemacht" worden sei.

Die Wahrscheinlichkeit, beim Kampf um den Meistertitel mehr als ein Wörtchen mitzureden, ist aber durchaus gegeben, erst recht, falls noch eine Verstärkung für den Außenangriff an Bord geholt wird. Das international aufgestellte Team des slowakischen Trainers Stefan Chrtiansky hat nur zwei Österreicher (Florian Ringseis, Manager-Sohn Niklas Kronthaler) und einen Deutschen (Jonas Sagstetter), dafür aber vier Brasilianer in seinen Reihen.

Das führt neben der Tatsache, dass man die Heimspiele abwechselnd in Innsbruck und Unterhaching austrägt, nicht gerade zu einer Identifikation der Fans mit der Mannschaft. Durch die erfolgreiche Vorrunde hat die Akzeptanz jedoch zuletzt zugenommen. Sogar die Spitzenpolitikerinnen aus dem Landkreis haben sich in der Sportarena am Utzweg bereits blicken lassen: Beim CEV-Pokalspiel gegen Vojvodina Novi Sad Ende November waren sowohl Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU) als auch die SPD-Landesvorsitzende Natascha Kohnen unter den Zuschauern.

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Quelle:
SZ vom 09.01.2019
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