Süddeutsche Zeitung

Gehaltsunterschiede:Der Fluch der niedrigen Mieten

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Weil es in Taufkirchen besonders viele Sozialwohnungen gibt, wird die Gemeinde nach dem Wohngeldgesetz ganz anders eingestuft als alle anderen Kommunen im Landkreis München. Darunter leiden nicht nur die Bezieher des staatlichen Zuschusses, sondern auch Beamte. Eine Resolution soll beiden Gruppen helfen.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

Bezieher von Wohngeld und in der Gemeinde lebende Beamte bekommen in Taufkirchen seit einiger Zeit deutlich weniger Geld als in den Nachbarkommunen. Hintergrund dieser Benachteiligung ist die Einstufung der Gemeinde nach dem Wohngeldgesetz in die Mietstufe zwei - während alle anderen Kommunen im Landkreis München in die Mietstufe sieben fallen. Um diese folgenschwere Ungleichbehandlung zu beseitigen, hat der Taufkirchner Gemeinderat eine Resolution ans zuständige Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen gerichtet. Parallel dazu setzt sich nach Angaben der CSU-Stimmkreisabgeordneten Kerstin Schreyer auch der Landtag mit einem Antrag in Berlin dafür ein, diese "unschöne Sondersituation" in Taufkirchen zu beheben.

"Das Mietniveau in Taufkirchen auf dem freien Markt ist nicht anders als in Unterhaching oder Ottobrunn - und sicher höher als in Aying und Sauerlach", sagte Bürgermeister Ullrich Sander (parteilos) in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Dennoch sei seine Kommune auf Grundlage des Wohngeldgesetzes in die Mietstufe zwei und damit deutlich schlechter eingestuft worden als die Nachbarorte. Grund hierfür sei die hohe Zahl von mehr als 2000 Sozialwohnungen in Taufkirchen, erläuterte Rudi Schwab (Grüne). Da hier weit niedrigere Mieten verlangt werden, beziehen die dortigen Bewohnerinnen und Bewohner geringere Zuschüsse beim Wohngeld - und diese wiederum werden zur Berechnung der Mietstufe einer Gemeinde herangezogen. "Taufkirchen ist hier offenbar ein absoluter Ausnahmefall", sagte Sander. Ihm zufolge sind bereits zahlreiche Beschwerden im Rathaus eingegangen; darüber hinaus sei eine Petition mit mehr als 200 Unterschriften im Landtag eingereicht worden.

Schließlich sind die Folgen der niedrigeren Mietstufe für zwei Personengruppen gravierend. Zum einen beziehen Wohngeldempfänger einen geringeren Zuschuss. So liegt der Höchstbetrag bei zwei Haushaltsmitgliedern in Mietstufe zwei bei monatlich 474 Euro - im Vergleich zu 788 Euro bei Mietstufe sieben. Zum anderen erhalten Beamtinnen und Beamte, die in Taufkirchen wohnen, deutlich weniger Gehalt. Ursächlich hierfür ist das neue bayerische Besoldungsgesetz, das sich beim Ortszuschlag an der jeweiligen Mietstufe nach der Bundesverordnung orientiert. Davon betroffen seien etwa Lehrkräfte, Polizistinnen und Polizisten oder Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr, sagte Sander. Ihm zufolge führe die niedrigere Mietstufe zu "heftigen Unterschieden" beim Gehalt. "Das sind im Moment 400 Euro, die man - mit zwei oder drei Kindern - weniger bekommt", betonte der Bürgermeister.

Solange es nur um das Wohngeld ging, ist die Ungerechtigkeit niemandem aufgefallen

Tatsächlich hatte erst der Protest von Beamtinnen und Beamten aus Taufkirchen die Gemeinde auf diese Ungleichbehandlung aufmerksam gemacht. Dass zuvor schon Menschen benachteiligt waren, die Wohngeld beziehen, war dagegen niemandem aufgefallen. "Es ist erschütternd, dass das keiner von uns bemerkt hat", kritisierte Gabi Zaglauer-Swoboda (Grüne). "Und dass das erst jetzt, wo es um die Beamten geht, an die Öffentlichkeit kommt."

In seiner Resolution ans Bundesministerium fordert der Gemeinderat die Einstufung Taufkirchens in die Mietstufe sieben. "Und ich bin optimistisch, dass da was passiert", sagte Bürgermeister Ullrich Sander. Derweil kündigt die Landtagsabgeordnete Schreyer an: "Sollte sich der Bund nicht bewegen, müssen wir als Freistaat eine Sonderlösung für die Problematik finden." Hierzu bräuchte es jedoch "belastbare Daten" zur Einstufung der Mietstufen, weshalb das bayerische Finanzministerium selbige beim Bund anfordern werde.

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