Süddeutsche Zeitung

Podiumsdiskussion in Aying:Mehr S-Bahnen, weniger Autos

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Die fünf Ayinger Bürgermeisterkandidaten sind sich in vielen Fragen einig.

Von Michael Morosow, Aying

Es war sicher nur Zufall, dass Johann Eichler auf einem Stuhl in der zweiten Reihe Platz nahm. Das Bild aber hat Symbolkraft. Der Bürgermeister, der über 24 Jahre die Geschicke der Gemeinde Aying geleitet hat, verfolgte recht entspannt, wie sich die fünf Diskutanten auf dem Podium im vollbesetzten Bürgerhaus schlugen.

Eine oder einer aus diesem Kandidaten- Quintett wird ihn beerben, der Gemeindechef tritt bei den Kommunalwahlen im März nicht mehr an. Eichler in der zweiten Reihe, daran muss man sich in Aying noch gewöhnen.

In einer sehr freundlichen und unaufgeregten Atmosphäre ist am Mittwochabend die von der Ayinger Ortsgruppe der Klimaschutzinitiative des Landkreises München veranstaltet Podiumsdiskussion der Bürgermeisterkandidaten über die Bühne gegangen. Das Interesse der Ayinger an der von Wolfgang Rotzsche mit Witz und Charme moderierten Veranstaltung war erwartungsgemäß groß. Mehr als 250 Besucher im vollbesetzten Saal und weitere 50 einen Stock darüber in einem Raum mit Videoübertragung wollten sehen, wie sich die fünf Konkurrenten schlagen werden. Weitere circa 150 verfolgten die Debatten zuhause per Live-Stream.

Einen heftigen Schlagabtausch auf dem Podium zu dem ein oder anderen strittigen Punkt gab es nicht. Die Konkurrenten sahen ihre Chancen, sich dem Wahlvolk vorteilhaft zu präsentieren, vielmehr darin, auf eine Reihe von Fragen zu den großen Themen der kleinen Gemeinde die richtigen Antworten zu geben. In einem Punkt waren sich die Kandidaten schon einmal einig: Es werde sicher eine Stichwahl geben, antwortete jeder auf die entsprechende "Frage zum Aufwärmen" des Moderators.

Vier Bahnhöfe und ein zweites Gleis

Das Thema Verkehr nahm den breitesten Raum an diesem Abend ein, so etwa das Problemkind S 7. Die Initiative S 7-Ost-plus will bekanntlich unter anderem ein zweites Streckengleis von Giesing bis zur Kreuzstraße mit 20-Minuten-Takt durchsetzen. Der zweigleisige Ausbau bringe, anders als behauptet wird, durch eine neue Technik nicht mehr Lärm, stellte Christine Squarra (Grüne) klar. Über die Bürgerinitiative mehr Druck auszuüben, lautete ihr Rezept. "Steter Tropfen höhlt den Stein", sagte auch die parteifreie Kandidatin Carla Spindler. Dass an einem zweiten Gleis kein Weg vorbeiführe, konstatierte auch Peter Wagner (CSU), dem zudem wichtig ist, alle vier Bahnhöfe zu erhalten, wie auch Erich Leiter (SPD), der außerdem eine Verbindung nach Rosenheim gut hieße, und auch Hermann Hoffmann (PWH), der indes zu bedenken gab, dass der Ausbau zehn Jahre dauern werde und in der Zwischenzeit Übergangslösungen wie etwa Ortsbussen gefragt wären.

Beim "heißen Thema" Umgehungsstraße ließ jeder seine Muskeln spielen, obwohl allen klar ist, dass so schnell nichts passieren wird, weil für den Abschnitt der Rosenheimer Landstraße nur die Dringlichkeitsstufe 2 gilt, wie Squarra erklärte. Dabei fahren täglich 15 000 Fahrzeuge, darunter Tausend Lkw auf der Rola, wie CSU-Mann Wagner sagte. Ihm steht der Sinn nach einer Mautpflicht oder einem Nachtfahrverbot für Lkw. Erich Leiter (SPD) ging noch einen Schritt weiter und forderte auch ein ganztägiges Verbot für Mautflüchtlinge.

Carla Spindler sagte, man solle alles versuchen, auch eine Maut, und regte zudem an, sich mit anderen Gemeinden zusammenzutun und vielleicht auch vor Gericht zu ziehen. "Wir müssen Druck ausüben, um die Belastung für die Betroffenen zu verringern", sagte PWH-Kandidat Hermann Oswald und berichtete von Kommunen, die in ihrer Not eine Umgehung selbst gebaut hätten mit 50-prozentiger Förderung. Die Gemeinde lasse laut Beschluss eine Tempo-30-Regelung nachts und ein Verbot für Lkw, die Autobahn zu verlassen, überprüfen, berichtete Squarra.

Wer im Saal jetzt schon wisse, wen er wählen werde, fragte Moderator Rotzsche zu Beginn der Veranstaltung, und jeder Dritte hob den Arm. Am Ende wiederholte er die Frage - und wieder hob jeder Dritte den Arm.

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SZ vom 06.03.2020
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