Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft:"Gute Nacht, Planegg"

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Naturschützer üben scharfe Kritik an der Erweiterung des Gewerbegebiets in Steinkirchen.

Von Rainer Rutz, Planegg

Mit einem Stakkato von Stellungnahmen hat Planeggs Bürgermeister Hermann Nafziger (CSU) auf die Kritik aus der Bevölkerung und von Verbänden zur Entscheidung des Gemeinderats reagiert, das Gewerbegebiet Steinkirchen im Nordosten zu erweitern, um Plänen der Firmen Sanacorp und Eurofins entgegenzukommen. Nicht weniger als neun Statements ließ der Bürgermeister am Wochenende der Presse zukommen. Eines der bedeutendsten dürfte die Ansicht des Planegger Umweltreferenten Richard Richter sein, der bei der entscheidenden Sitzung nicht anwesend war. Richters Analyse lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Er schreibt, zwar sei es wichtig, die beiden Firmen am Ort zu halten. Gemäß den Leitlinien des neuen Flächennutzungsplans könne auch "eine behutsame Weiterentwicklung der Gewerbegebiete erwogen werden, sofern eine Nachverdichtung der bestehenden Gebiete nachweislich nicht machbar" sei. Die Nachverdichtung müsse "immer Vorrang" haben. Aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes müsse die geplante Erweiterung daher "sehr kritisch" gesehen werden.

Die Versiegelung des Bodens habe negative Folgen, die angedachte positive Wirkung der geplanten Dach-und Fassadenbegrünungen "darf zumindest in Frage gestellt werden". Es werde auch Auswirkungen auf die Erholungsfunktion des Gebiets geben: "Das dortige Wegenetz ist bekanntlich äußerst beliebt." Richter schlägt vor, dass die Gemeinde zumindest versucht, mit dem Nachbarn Gräfelfing "deutlich breitere Flächen" zu erwerben, um "eine Biotopvernetzung" zu ermöglichen.

Die Referentin für Wirtschaftsförderung Bärbel Zeller betont, das gefundene Areal sei "die einzig verfügbare Fläche, um die beiden Firmen am Ort halten zu können". Planegg partizipiere "in erheblichem Umfang" am Biotech-Cluster am Ort: "Es wäre ein fatales Signal, den beiden Firmen jetzt die Erweiterungsflächen zu verweigern." Kurz und bündig sind die Stellungnahmen von Sanacorp und Lidl. Herbert Lang, Vorstandsvorsitzender von Sanacorp lehnt eine Überbauung des Lidl-Marktes "definitiv" ab. Eine "Hauptverwaltung auf Stelzen" sei nicht akzeptabel. Carsten Hering, Portfolio-Manager von Lidl-München schreibt, das Unternehmen lehne eine Überbauung des Marktes grundsätzlich ab. Man könne sich "bauliche Eingriffe" auch wegen der damit verbundenen Einschränkungen "in den nächsten acht bis zehn Jahren" keinesfalls vorstellen. CSU, FDP, Grüne und Freie Wähler wiederholten ihre schon im Gemeinderat gegebenen Stellungnahmen. In der Summe befürworten sie eine Erweiterung des Gewerbegebietes, da sie ökologisch verträglich sei und wirtschaftlich notwendig. Die SPD dagegen hatte eine kleine Denkpause gefordert, um mögliche Nachverdichtung zu prüfen.

Bürgermeister Hermann Nafziger stellt noch einmal klar: "Ich bin für Ökologie!" Eine "optimale Verbindung von Ökologie und Ökonomie", wie jetzt geplant, sei durch den geplanten Aufstellungsbeschluss für eine Erweiterung gegeben. Man habe "alle alternativen Flächen" geprüft. Neun Grundstücke wurden genauer unter die Lupe genommen und für nicht tauglich befunden.

Scharf geht dagegen Herbert Stepp, früherer langjähriger Gemeinderat der Grünen Gruppe 21 und Aktivist der Grünzug-Netzwerk Würmtal Bewegung mit der Entscheidung des Gemeinderats ins Gericht. Sie sei mit Argumenten belegt worden, die "eindeutig unzutreffend" seien, was das Angebot an Ersatzgrundstücken betreffe. Falsch sei vor allem die Bemerkung Nafzigers, das gesetzliche Trenngrün werde nicht tangiert. Dass die Mehrheit der Gemeinderäte für eine Erweiterung stimmte, kommentiert Stepp so: "Gute Nacht, Planegg."

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