Süddeutsche Zeitung

Ottobrunn:Ausgebrannte Familie findet neues Zuhause

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Die junge Ottobrunner Familie, die kurz nach Weihnachten ihren Vater bei einem Wohnungsbrand verloren hat, findet eine neue Bleibe im Nachbarort Taufkirchen. Ungebrochen hält die Hilfsbereitschaft der Menschen an.

Von Stefan Galler, Ottobrunn

Für die junge Familie aus Ottobrunn, die kurz nach Weihnachten durch einen Brand nicht nur ihre Wohnung und ihr gesamtes Hab und Gut, sondern auch den Vater der beiden kleinen Jungen und des ungeborenen Mädchens verloren hat, beginnt das neue Jahr mit hoffnungsvollen Nachrichten. Wie Verena Huhn, eine Freundin der hochschwangeren Jessica, bestätigt, hat die 30-Jährige in Taufkirchen eine neue Wohnung gefunden. Diese ist vollständig möbliert, mit den wichtigsten Geräten wie Kühlschrank oder Fernseher, sowie jede Menge Hausrat ausgestattet. "In diesem Fall war Corona Jessis Glück", sagt Huhn. Der Wohnungsbesitzer wäre nämlich eigentlich über den Jahreswechsel verreist gewesen, doch wegen der Pandemie blieb er zu Hause und erfuhr durch die Zeitung vom Unglück der Familie. "Er hat sich dann bei mir gemeldet und gesagt, dass er den Mietpreis nicht an den Markt anpassen will, es sei ihm wichtiger, zu helfen", sagt die Freundin und bezeichnet die möblierte Wohnung als "Jackpot".

Nach der Besichtigung wurde der Mietvertrag zügig unterschrieben, bereits am Freitag kann die 30-Jährige mit den vier und sechs Jahre alten Buben einziehen. Wichtig sei ihrer Freundin gewesen, dass der Wohnort so nah an Ottobrunn ist, dass die Jungs nicht aus ihrer gewohnten Schule beziehungsweise aus dem Kindergarten herausgerissen werden müssen. Das sei aufgrund einer Härtefallregelung möglich, die den eigentlich geltenden Schulsprengel außer Kraft setzt. "Jessi will die beiden jeden Morgen rüberfahren, bevor sie dann in die Arbeit kommt", sagt Huhn, die mit der jungen Mutter in einem Fitnessstudio am Haidgraben zusammenarbeitet.

Dass dort derzeit wegen der Kontaktbeschränkungen nicht trainiert werden darf, hat für die Familie zumindest einen kleinen Vorteil: Das gesamte Untergeschoss steht voll mit Sachspenden, die zuletzt im Rahmen einer von Verena Huhn initiierten Aktion zusammenkamen. "Wir haben noch gar nicht alles durchgesehen", sagt die Freundin, die dazu aufgerufen hatte, vor allem Kleidung und Spielsachen vorbeizubringen. Die Resonanz sei überwältigend gewesen. Nun werde noch genau geprüft, was benötigt wird, schließlich sind auch in der neuen Wohnung in Taufkirchen Geschirr, Besteck, Tischdecken und Bettwäsche vorhanden. Alles, was überzählig ist, etwa auch zu kleine Kinderkleidung, geht nach Kroatien, wo die Opfer des jüngsten Erdbebens unterstützt werden. Die ersten Sachen seien bereits im Krisengebiet eingetroffen, teilt Verena Huhn mit.

Parallel läuft immer noch eine Spendenaktion im Internet, durch die bereits über 39 000 Euro zusammengekommen sind. "Das ist natürlich ein großartiger Grundstock, mit dem Jessi und die Kinder schon weit kommen", sagt Huhn, die sich von der Hilfsbereitschaft der Menschen überwältigt zeigt. Bislang haben etwa 600 unterschiedliche Spender Geld überwiesen.

Ein Teil des Betrags wird für die Beerdigung des Vaters aufgewendet, die Ende der Woche stattfindet. Vor allem für den älteren Jungen Kiano ist die Situation laut Verena Huhn sehr schwer: "Er stellt viele Fragen, während der Kleine noch nicht alles begreift, was passiert", sagt sie. Insgesamt gehe es den Dreien "den Umständen entsprechend gut".

Die Mutter war mit den Buben auf Verwandtenbesuch gewesen, als die Wohnung im ersten Stock des fünfgeschossigen Hauses am Friedrich-Ebert-Platz am 27. Dezember in Flammen aufging. Die Feuerwache der Freiwilligen Feuerwehr liegt direkt gegenüber in der Ottostraße, doch obwohl die Hilfskräfte sofort zur Stelle waren, überlebte der 25 Jahre alte Vater das Unglück nicht. Dabei war eine unmittelbar eingeleitete Reanimation zunächst noch erfolgreich gewesen.

Derzeit laufen noch immer Ermittlungen, die die Brandursache klären sollen. Erst dann wird klar sein, in welchem Umfang die Hausratversicherung der Familie für den entstandenen Sachschaden aufkommt.

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Quelle:
SZ vom 13.01.2021
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